Muskelaufbau und Alkohol, geht das?

Alkohol nach dem Krafttraining
So verhindert Alkohol deinen Muskelaufbau

Zuletzt aktualisiert am 20.01.2025
So schadet Alkohol dem Muskelaufbau
Foto: Shutterstock.com / Alexander Lukatskiy

Das Bierchen nach dem Training hast du dir verdient – oder? Das mag vielleicht verlockend sein, doch wenn du ernsthaft an deinen sportlichen Zielen arbeitest, ist das keine kluge Entscheidung. Alkohol wirkt sich negativ auf den Muskelaufbau aus. Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt es sich, einen Moment darüber nachzudenken, wie der Prozess des Muskelwachstums eigentlich abläuft.

Muskeln entstehen nicht durch Zellteilung, sondern durch das Verdicken der vorhandenen Muskelfasern. Damit diese an Umfang gewinnen, müssen sie intensiv belastet werden, was zu feinen Rissen in den Fasern führt. Während der Erholungsphase setzt der Körper Reparaturmechanismen in Gang. Er produziert Proteine, die sich um die beschädigten Stellen legen und diese wieder instand setzen. Um künftigen Belastungen besser standzuhalten, lagert der Körper zusätzlich Proteine an – mehr, als zur bloßen Reparatur notwendig wäre. Dies führt schließlich zu einem Zuwachs an Muskelmasse.

Damit dieser Vorgang reibungslos abläuft, müssen verschiedene Aspekte beachtet werden: Effektive Wachstumsreize im Training, ausreichende Erholungsphasen und eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung spielen dabei eine zentrale Rolle.

Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Muskelaufbau?

Wer nach dem Krafttraining Alkohol trinkt, behindert die zahlreichen Stoffwechselvorgänge, die für die Reparaturprozesse und den Aufbau von mehr Muskelmasse entscheidend sind.

Gehemmte Proteinsynthese

Alkohol beeinflusst die Produktion des Stresshormons Cortisol. Schon 0,4 Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht erhöhen die Produktion von Cortisol mindestens in den ersten 4 Stunden nach dem Konsum. Da Cortisol ein Gegenspieler des Wachstumshormons Testostern ist, wird dieses durch den Alkohol in geringerer Menge gebildet, sodass weniger Muskelprotein synthetisiert werden kann und folglich der Zuwachs an Muskelmasse geringer ausfällt. In einer Studie, die die Auswirkungen des Alkoholkonsums bei körperlich aktiven Männern untersuchte, wurde eine signifikante Verringerung der Muskelproteinsynthese (37 Prozent) festgestellt, wenn 1,5 g/kg Alkohol nach dem Training konsumiert wurden.

Übrigens kann das vermehrt ausgeschüttete Cortisol auch zu einer erhöhten Fettspeicherung im Körper führen – und damit den Blick auf die hart erarbeiteten Muskeln erschweren.

Steigender Blutzuckerspiegel

Alkohol hat über Cortisol Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, indem es einen stärkeren Abbau von Eiweiß (Proteinen) und damit die Freisetzung von Glucose bewirkt. Für das nächste Training steht dann weniger Glucose aus der Leber zur Verfügung. Gleichzeitig wird die Glykogensynthese in Muskeln und Leber durch Alkohol gehemmt: Eine britische Studie zeigte eine Reduktion um 50 Prozent in den ersten acht Stunden nach dem Training und um 16 Prozent in den ersten 24 Stunden. Die Folge kann Heißhunger sein.

Schwächere Nährstoffabsorption

Alkohol entzieht dem Körper Wasser. Schuld daran ist wieder das durch den Alkohol erhöht ausgeschüttete Cortisol: Es bewirkt, dass Natrium vermehrt im Körper zurückgehalten und in der Folge in den Zellzwischenräumen des Körpers gespeichert wird. Die für den Muskelaufbau nötige Nähr- und Mineralstoffversorgung der Zellen wird behindert, und der Körper kann die notwendigen Vitamine und Mineralien, z.B. Kalzium, Magnesium und Eisen, weniger gut aufnehmen.

Und damit nicht genug: "Dies kann im Extremfall auch am Herzmuskel zu gefährlichen Rhythmusstörungen führen", warnt Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Newsletter Alkoholspiegel.

Mangelnde Regeneration

Nicht nur das Bier oder der Schnaps unmittelbar nach dem Training beeinflusst deinen Trainingserfolg. Denn Muskeln wachsen in den Regenerationsphasen zwischen zwei Trainingseinheiten. Trinkst du zwischen 2 Trainingstagen Alkohol, kann das die Regenerationszeit verlängern, bzw. weniger effektiv ausfallen lassen. Anstatt die Muskelfasern zu "reparieren" und dadurch wachsen zu lassen, ist dein Körper damit beschäftigt, Alkohol abzubauen.

Alkohol wird mithilfe von Enzymen in der Leber verstoffwechselt, und dafür benötigt das Organ Energie, die dann für die Muskelregeneration und den Muskelaufbau nicht mehr zur Verfügung steht. Für deinen Körper aber hat der Abbau des Zellgifts Ethanol immer Priorität.

Auch wird der Erfolg deiner nächsten Trainingseinheit geringer sein. Denn wenn die Regenerationsphase zwischen zwei Trainingseinheiten weniger ergiebig ausfällt, z.B. durch Alkohol oder schlechten Schlaf, eine typische Folge von Alkoholkonsum, wirst du beim nächsten Training deine Muskeln nicht maximal fordern können — und damit insgesamt den Aufbau von mehr Muskelmasse verlangsamen.

Das belegt auch eine kleinere, in Sports Medicine veröffentlichte Studie: Dafür ließen Wissenschaftler 11 Männer ein maximales Oberschenkel-Training absolvieren. Ein Teil der Männer trank anschließend 1 g pro Kilo Körpergewicht Ethanol in Form von Wodka mit Orangensaft, die anderen Männer tranken Orangensaft ohne Alkohol. Nach 36 und nach 60 Stunden wiederholten die Probanden ihr Training. Der kurzen Erholungszeit geschuldet, zeigten alle Teilnehmer schlechtere Leistungen. Doch die Leistung derjenigen, die zwischendrin Alkohol zu sich genommen hatten, war signifikant schlechter als die der Kein-Alkohol-Gruppe.

Wie viel Alkohol in Muskelaufbau-Phasen ist okay?

Wenn du dein Training ernst nimmst und auf Muskelzuwachs trainierst, solltest du am besten die ersten 60 Stunden nach dem Widerstandstraining auf Alkohol verzichten. Diese Zeit solltest du deinem Körper mindestens gönnen, um Regenerationsarbeit zu leisten. Aber auch 24 Stunden vor dem Training solltest du möglichst auf Alkohol verzichten, da unter Alkohol deine Motorik und Reaktionsfähigkeit leiden und das Verletzungsrisiko steigt. Zudem sinkt die Leistungsfähigkeit der Muskeln, wenn sie dehydriert sind, und Alkohol entzieht dem Körper Wasser.

Um die Pausen zwischen 2 Trainingseinheiten nicht zu groß werden zu lassen, solltest du die Intervalle gut planen. Steht eine Party am Wochenende an, sorge dafür, dass dein Training entsprechende Abstände hat. Einmal pro Woche sollte Alkohol einplanbar sein.

Gänzlich abstinent musst du nicht leben, doch halte deinen Alkoholkonsum im Maßen. Die DGE empfiehlt: Männer sollten am Tag höchstens 20 Gramm Alkohol konsumieren (Frauen: 10 Gramm/ 0,3 Liter Bier oder ein halbes Glas Wein), also nicht mehr als etwa einen halben Liter Bier oder 0,25 Liter Wein, und an 2 Tagen gänzlich darauf verzichten. Wenn du unsicher bist, was deinen Alkoholkonsum betrifft, hol dir Rat, zum Beispiel auf der BZgA-Seite kenn-dein-Limit.

Am besten wäre es, du steigst auf alkoholfreie Getränke um. Davon gibt es mittlerweile eine große und gut schmeckende Auswahl. Alkoholfreies Bier erfrischt auch und liefert dir zudem zahlreiche Nährstoffe und Elektrolyte, die dein hart arbeitender Körper gut verwerten kann.

Fazit: Gelegentlich ein Glas Alkohol schadet dem Muskelaufbau wenig

Gelegentlich ein Glas Alkohol hat kaum Einfluss auf den Muskelaufbau, solange es in Maßen konsumiert wird, zu einem passenden Zeitpunkt erfolgt und deine Ernährung insgesamt ausgewogen bleibt. Ebenso ist es wichtig, den Körper über den Tag hinweg mit genügend Wasser zu versorgen. Allerdings sollte Alkohol mindestens einen Tag vor oder nach einer Trainingseinheit vermieden werden.

Erwähnte Quellen:

Shirreffs, Susan M. et al.: The Effect of alcohol on athletic Performance, in: Sports Medicine, 2006; doi 10.1097/01.CSMR.0000306506.55858.e5, zuletzt abgerufen am 10.01.2025

Evelyn B. Parr et al.: Alcohol Ingestion Impairs Maximal Post-Exercise Rates of Myofibrillar Protein Synthesis following a Single Bout of Concurrent Training, 2014, in: National Library of Medicine; doi 10.1371/journal.pone.0088384, zuletzt abgerufen am 10.01.2025

Matthew J Barnes et al.: Acute alcohol consumption aggravates the decline in muscle performance following strenuous eccentric exercise, 2010, in: National Library of Medicine, doi 10.1016/j.jsams.2008.12.627, zuletzt abgerufen am 10.01.2025