Darum solltest du deinen Trainingsplan nicht selbst schreiben

Profi-Trainingsplanung
So optimieren Fitnessprofis ihre Trainingsplanung für nachhaltigen Erfolg

Zuletzt aktualisiert am 16.09.2024
Mann trainiert mit einem Fitnesstrainer Ruderzüge im Stütz mit Kurzhanteln-
Foto: Shutterstock/diignat

Du trainierst schon eine Weile an Gewichten und hast dir alles, was du über Krafttraining weißt, selbst angeeignet? Dann hast du mit Sicherheit auch deine eigenen Signature-Moves und Fitnessvorlieben. Mit jedem Trainingsjahr wird es allerdings immer schwieriger, Fortschritte zu machen. Hier helfen nur Inspiration von außen und vor allem neue, gut durchdachte Reize für Körper und Kopf. Wo holst du sie dir? Wir haben zwei Trainer gefragt, wie sie ihr Training planen und mit ihnen darüber gesprochen, wieso es überaus sinnvoll ist, sich selbst als Profi gelegentlich fachliche Unterstützung für die Trainingsplanung zu holen.

Julius Ise ist 35 Jahre alt, lebt in Berlin und hat einen 6 Monate alten Sohn. Um ein fitter Papa, ein Vorbild für seine Klienten und selbst sportlich erfolgreich zu sein, braucht es eine gute Trainingsplanung. Bei seiner Arbeit als Coach konzentriert er sich vor allem auf Hyrox und Muskelaufbau. Er ist selbst aktiver Hyrox-Athlet und war im Jahr 2023 als Cover-Model auf der Mens Health. Julius trainiert seit etwa zehn Jahren nach einem strukturierten Trainingsplan, um systematisch auf bestimmte Ziele hinzuarbeiten. "Durch einen klaren Trainingsplan kann ich sicherstellen, dass das Training zielgerichtet und progressiv aufgebaut ist. Egal, ob es um Muskelaufbau, Hyrox-Training oder eine Diät geht – ein Plan sorgt dafür, dass man seine Fortschritte messen und kontinuierlich verbessern kann. Deshalb empfehle ich es jedem: Ein Plan gibt Struktur, Klarheit und sorgt dafür, dass du auf Kurs bleibst."

Julius Ise
Julius Ise

Dabei lässt sich Julius seit zwei Jahren auch von einem fachkundigen Kollegen helfen, der ihm individuelle Trainingspläne erstellt und ihn betreut. "Es ist wichtig, ab und zu eine externe Perspektive zu bekommen, denn man ist oft zu sehr in seinen eigenen Gewohnheiten und Gedankenmustern gefangen. Ein anderer Coach bringt frische Ideen und neue Reize für Körper und Kopf. Das verhindert, dass man zu viel hinterfragt oder den Plan zu oft ändert, was häufig passiert, wenn man sich selbst trainiert." Julius weiß, dass er sich dadurch voll auf seine Arbeit als Coach konzentrieren kann, ohne sich nach einem langen Tag auch noch Gedanken über sein eigenes Training machen zu müssen. "Es spart Zeit und mentale Energie, weil ich weiß, dass mein Plan durchdacht ist und ich einfach nur dem Prozess folgen muss. Ich kann mich dadurch auf meine Fortschritte und die Arbeit mit meinen eigenen Klienten fokussieren."

Unser zweiter Fachmann ist Stefan Liebezeit, Diplom-Sportlehrer mit dem Schwerpunkt Breiten- & Wettkampfsport. 2012 gründete der Münchener zusammen mit Tino Schönburg die Munich Personal Training Lounge. Hierfür wurden beide als Personal Training Newcomer des Jahres beim Neos-Award 2013 nominiert. 2018 folgte dann die Eröffnung der zweiten MPT-Lounge in Planegg. Stefan arbeitet in der Lounge als Personal- und Athletik-Trainer und ist zusätzlich als Experte, Referent und Ausbilder für verschiedene Institute tätig. Er ist außerdem Headcoach der Men's-Health-Trainingscamps und Buchautor.

Für Stefan ist ein System, also ein Plan, beim Training neben der Kontinuität der wichtigste Erfolgsfaktor: "Durch einen klaren Plan lässt sich das Training viel besser steuern und der Körper positiv adaptieren." Er holt sich immer wieder Input von Kollegen – sei es persönlich, aus Podcasts oder über Literatur. Gelegentlich bucht er sich auch selbst mal einen Personal Trainer, denn: "Neue externe Impulse helfen dabei, das eigene Training zu optimieren. Zudem hilft es, Plateaus zu überwinden. Deshalb kann ich es jedem nur empfehlen", so Stefan.

Woran erkennt man einen guten Fitnesstrainer?

Fitness- oder Personal Trainer sind in Deutschland keine geschützten Berufsbezeichnungen, ebenso wenig wie Ernährungsberater. Das heißt, jeder kann seine Dienste anbieten. Deshalb ist es wichtig, dass du als Interessent darauf achtest, dass der Trainer eine anerkannte Grundqualifikation hat, konkret: mindestens die Fitnesstrainer-B-Lizenz. Viele Fitnesstrainer machen darüber hinaus die A-Lizenz oder weitere Fortbildungen mit Schwerpunkten wie Functional-Training, Rücken- oder auch Athletiktraining. Zusätzliche habe viele eine Lizenz für die Ernährungsberatung. Noch wichtiger als solche Zusatzqualifikationen ist, dass der Fachmann oder die Fachfrau auf deine individuellen Vorlieben und Bedürfnisse eingeht und die Chemie stimmt. Es braucht Sympathie, Verständnis und Vertrauen, um miteinander zu schwitzen und seine Gewohnheiten ehrlich zu teilen. Ein guter Fitnesstrainer ist kommunikativ, empathisch, begeisterungsfähig und gut organisiert. Er oder sie sollte immer eine Anamnese und Fitnesstests mit dir durchführen, um zu schauen, wo du stehst und was du brauchst. Nur so kommst du zu deinem individuellen Plan, den du auch gerne und dauerhaft durchziehst.

Was kostet Personal Training?

Eine Stunde Personal Training kostet mindestens 80 Euro. Viele Trainer, vor allem in Großstädten, veranschlagen aber auch schon 120 bis 180 Euro pro Stunde, je nach Qualifikationen und Bekanntheit. Das mag teuer erscheinen, aber du musst bedenken, dass die Weiterbildung zum qualifizierten, geprüften Fitnesstrainer auch einige hunderte Euro kostet und der Coach entsprechendes Trainingsequipment und einen Raum stellt. Zudem muss ein selbstständiger Fitnesstainer mobil sein und diverse Versicherungen sowie seine Altersvorsorge selbst finanzieren, für seine Dienste werben und seine Einnahmen natürlich auch versteuern. Gruppentrainings sind häufig etwas günstiger. Zudem bieten viele Fitnessstudios gratis Personal Training und Trainingsplanung mit ihren angestellten Coaches an.

Die günstige Alternative für alle, die mit der korrekten Ausführung von Grundübungen vertraut sind, ist ein professioneller Trainingsplan ohne Einweisung. Die gibt es im Internet, häufig sogar gratis, zuhauf. Wenn du keinen 0/8/15-Plan willst, sondern einen, der wirklich zu dir und deinen Zielen passt, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Achte vor allem auf seriöse Quellen mit echter Expertise.

Unsere Trainingspläne wurden zu 100 Prozent von Sportwissenschaftlern und Fitnesstrainern erstellt und lassen sich bis ins Kleinste filtern nach Zielen, Alter, Trainingslevel und Equipment. Schau dir etwa unser 8-Wochen-Muskelaufbau-Training für Einsteiger unter 40 an:

Was macht einen effektiven Trainingsplan aus?

Das Wichtigste für jede Trainingsplanung ist, dass der Plan zielgerichtet und progressiv aufgebaut ist. Übungen und Intensität sollten schrittweise gesteigert werden, sodass kontinuierlicher Fortschritt möglich ist. Dies wird immer herausfordernder, je erfahrener die Sportler sind. Am Anfang wirst du mit so ziemlich jedem Trainingsplan erfolgreich sein, weil der Körper die Reize noch dankbar annimmt. Zu diesem Schluss kommt auch eine wissenschaftliche Untersuchung im Journal of Sports Medicine. Allerdings ist es gerade am Anfang extrem wichtig, sich die korrekte Übungstechnik anzueignen, bevor sich Haltungsfehler einschleifen. Deswegen sind Personal Training oder Fitnesskurse mit Coach gerade für Einsteiger sinnvoll.

Ab dem zweiten Trainingsjahr passt sich der Körper den Trainingsreizen immer mehr an und es wird schwieriger, ihn zu formen. Hier muss man also tiefer in die Trickkiste greifen. Das schaffen erfahrene Experten am besten, indem sie: das Training periodisieren und Intensität, das Trainingsvolumen, die Frequenz, das Übungstempo, die Übungen, aber auch deren Reihenfolge immer wieder clever statt wahllos anpassen. Trotzdem muss das Training auch noch zu dir und deinen Vorlieben passen und dich bei der Stange halten. Die Trainingsplanung ist also komplexer, als du vielleicht denkst.

Zunächst einmal brauchst du einen smarten Trainingsplan: s.m.a.r.t. ist in diesem Fall die Abkürzung für spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert. An erster Stelle steht die konkrete Zielsetzung. Dabei ist es unerheblich, ob es dir um Optik oder Kraft geht oder um gesundheitliche Aspekte. Nachdem du diese definiert hast, geht es um den zeitlichen Rahmen, also eine gesunde wie machbare Terminierung deiner Trainingseinheiten pro Woche. Auch die Regeneration muss fest eingeplant sein. Erst danach geht es an die praktischen Trainingsinhalte.

Du hast einen dickeren Bizeps und bewegst mehr Gewicht als vor wenigen Wochen? Top! Allerdings sagt diese Progression noch nichts über die Qualität deines Trainings aus. Beim Progressive Overload kommt es auf langfristige Anpassungsprozesse an, die gar nicht mal nur deinen Körperbau und deine Kraft betreffen, sondern auch deine Performance. Ein guter Trainingsplan soll auch körperliche Schwächen und Haltungsfehler korrigieren, dich ganzheitlich beweglicher machen und deine Koordination schulen. Dies alles geschieht nicht in 4 oder 8 Wochen, sondern braucht Monate. Deswegen ist es sinnvoll, verschiedene Teilziele zu verfolgen. Das Stichwort lautet: Trainingsperiodisierung.

Der Körper passt sich bereits binnen 2 Wochen an das Training an, darauf gilt es immer wieder neu zu reagieren, zunächst mit mehr Gewicht und nach 4 bis 6 Wochen mit größeren Trainingsanpassungen. Ambitionierte Kraftsportler passen ihr Training sogar jede Woche an. So gibt es beispielsweise auch im CrossFit täglich ein neues "Workout of the Day" (WOD), welches Kraftausdauer und Maximalkraft innerhalb eines Trainings miteinander vereint. Je nach deiner körperlichen Ausgangssituation, deinem Alter, deinem Körperbau und deinen sportlichen Vorlieben muss dein Trainingsplan häufiger und umfassend upgedatet werden. Auch das kann ein Fachmann besser beurteilen als man selbst.

Ambitionierte Kraftsportler brauchen manchmal auch einen Coach, der sie bremst

Julius und Stefan erstellen auch sehr gerne Trainingspläne für andere Coaches. "Das ist eine besondere Herausforderung, weil ich genau weiß, dass sie ein tiefes Verständnis für Training haben und oft ihre eigenen Signaturen und Präferenzen im Training verfolgen. Es ist spannend, mit anderen Profis zu arbeiten, weil der Austausch immer sehr bereichernd ist", sagt Julius.

Stefan ergänzt: "Meine bewegungsbasierten Trainingspläne sind sehr simpel gehalten und helfen so einigen Kollegen, sich nicht in komplexen Plänen zu verzetteln." Viele Sportler, die besonders motiviert sind, muss man in der Tat dahingehend begleiten, nicht zu viel zu wollen. Stefans Fokus liegt vor allem auf der Bewegungsqualität und Nachhaltigkeit. Die Übungstechnik steht immer an erster Stelle und manchmal sind weniger, aber perfekt ausgeführte Übungen mehr. Auch Julius achtet auf genügend Regenerationszeit, "um Verletzungen zu vermeiden und die langfristige Leistungsfähigkeit zu gewährleisten".

Wer nahezu täglich trainieren will, braucht einen sinnvollen Split-Plan, der nur bestimmte Muskelgruppen fordert, damit andere die nötige Pause bekommen. Was viele Kraftsportler immer wieder verdrängen, ist die Tatsache, dass Muskeln nicht im Training wachsen, sondern danach. Dafür sind eine angepasste Ernährung und ausreichend Erholung entscheidend.

Übrigens überschätzen die meisten Hobbysportler, was sie tagtäglich an Energie verbrennen und nehmen nicht ab, weil sie trotz Sport im Kalorienüberschuss sind. Hier kann es hilfreich sein, den täglichen Energiebedarf gemeinsam mit einem Trainer zu ermitteln und dann für wenigstens zwei Wochen die Ernährung mithilfe von Apps zu tracken, um einen Überblick und ein Gefühl für eine auf die jeweiligen Ziele angepasste Ernährung zu entwickeln.

Fazit: Ein auf dich abgestimmter Trainingsplan ist in jeder Phase hilfreich

Als (Wieder-)Einsteiger sollte dir die richtige Übungstechnik am Herzen liegen, damit sich keine Dysbalancen manifestieren und deine Mühe im Gym auch möglichst effektiv ist. Hier lohnt ein Personal Training oder die Betreuung im Gym immer. Viele Hobbysportler trainieren intuitiv und ohne Hilfe sehr erfolgreich. Bis zu einem gewissen Punkt, denn je länger du trainierst und je älter du wirst, umso kniffliger wird es, deinen Körper auszutricksen. Spätestens dann solltest du dir erneut Input vom Fachmann holen. Wenn du mit den Übungen vertraut bist, reicht auch ein sinnvoll abgestimmter Trainingsplan ohne Einweisung. Auch Physiotherapeuten, die mithilfe von Kraft- und Beweglichkeitstests deine Fitness und muskuläre Balance einschätzen können, sind eine gute Anlaufstelle, um deine Leistungsfähigkeit aufs nächste Level zu heben. Wie du nun weißt, nutzen selbst Profis, die sich tagtäglich mit Trainingsstrukturen befassen, diese Unterstützung.

Erwähnte Quelle:

M. Fröhlich, T. Müller T, D. Schmidtbleicher, E. Emrich (2009): Outcome-Effekte verschiedener Periodisierungsmodelle im KrafttrainingOutcome-Effects of different Periodization Models in Strength Training. In: The German Journal of Sports Medicine. Zuletzt abgerufen am 03.09.2024.