Nägelkauen abgewöhnen in 6 Schritten

Nägelkauen
So kannst du dir das Fingernägelkauen endlich abgewöhnen

Zuletzt aktualisiert am 06.02.2025
Nägelkauen
Foto: shutterstock.com/Jacob Lund

Gepflegte Hände sind attraktiv. Auf den Nägeln herumzukauen, ist ein No-Go. Bei Dates, aber auch im Job kann dir das schaden, denn Menschen könnten die nur scheinbar harmlose Angewohnheit "Onychophagie" als eine Charakterschwäche ansehen.

Das Kauen an den Nägeln ist nicht nur unschön, es kann sogar gefährlich werden. Denn unter den Fingernägeln sammeln sich oft Keime wie Salmonellen oder E-Coli-Bakterien. Doch einige halten nicht mal die Schmerzen vom Knabbern ab und sie kauen bis aufs Blut. Das ist nicht nur unhygienisch, sondern kann auch zu Infektionen des Nagelbetts führen. Aber warum fällt es dann vielen so schwer, mit dem Nägelkauen aufzuhören?

Was sind die Ursachen des Nägelkauens?

Der Grund, weshalb man so schwer aufhören kann, liegt bei den Ursachen: Die einen sagen, Nägelkauen sei nur eine schlechte Angewohnheit. Andere behaupten, die Ursache sei eine psychische Störung. Und das ist das Problem: Es gibt keine eindeutige Antwort. Und damit keinen Lösungsansatz fürs Aufhören, der sich verallgemeinern ließe.

Zwar ist das Nägelkauen überwiegend eine Gewohnheit, die im Kindesalter beginnt, sagt der Arzt und Diplom-Psychologe Harald Tegtmeyer-Metzdorf aus Lindau. Kinder lernen, indem sie sich Dinge in den Mund stecken. Fingernägel sind eben schnell parat und immer dabei. Hier gibt der Experte aber Entwarnung: Der Großteil der Kinder verliere diese Marotte, sobald sie älter werden.

Was bedeutet Nägelkauen bei Erwachsenen?

Bei Jugendlichen und Erwachsenen liegen die Ursachen schon wieder woanders. Wer in diesem Alter noch an den Nägeln kaut, der gehört öfter zu den schüchternen oder unsicheren Menschen, erklärt Tegtmeyer-Metzdorf. Selbstsichere Personen, die in sich ruhen, seien weniger betroffen. Hier besteht als Ursache also eine Mischung aus Gewohnheit und psychischen Gründen.

Betroffene haben irgendwann einmal einen brüchigen Fingernagel mit den Zähnen abgebissen. Das hat sich dann verselbstständigt. Bei anderen treten die Symptome bei Nervosität und Druck auf. Etwa bei Prüfungen, oder wenn Sorgen und Ängste im Vordergrund stehen. Das Kauen der Fingernägel ist dann eine Art "Spannungsreduktion" für die Betroffenen, erklärt der Experte. Hier gilt das Nägelkauen weniger als Krankheit, es ist vor allem eine Verhaltensauffälligkeit.

Ab wann spricht man beim Nägelkauen von einer gefährlichen psychischen Störung als Ursache?

Wenn es zu einem selbstverletzenden Verhalten kommt: Wenn also jemand unter Schmerzen bis zum Rand des Nagelbetts kaut. Das führt oft zu blutigen und entzündeten Fingernägeln und kann, muss aber nicht, auf tiefere psychische Störungen hinweisen, warnen Expert:innen.

Es gibt aber auch Menschen, die kauen Fingernägel aus reiner Langeweile, so Tegtmeyer-Metzdorf. Solltest du genau jetzt während des Lesens dazugehören, dann interessiert dich vielleicht eher der Bereich der Psychoanalyse. Fürs Fingernägelkauen hält diese einige Ursachen bereit. Dort wird deinem Finger die Bedeutung des männlichen Gemächts beigemessen. Folglich lautet die Diagnose: Nägelkauen sei Ausdruck unerfüllter sexueller Fantasien.

Unabhängig von der Ursache: Es gibt gute Methoden, mit denen du dir das Nägelkauen endlich abgewöhnst.

Wie kann man sich das Nägelkauen abgewöhnen?

6 Schritte, um sich das Nägelkauen als Erwachsener abzugewöhnen

Damit du endlich mit dem Nägelkauen aufhörst, rät die American Academy of Dermatology zunächst zu folgenden 4 Möglichkeiten. Versuche, eine nach der anderen einzuhalten:

1. Halte deine Fingernägel kurz

Weniger Fingernagel heißt: weniger Möglichkeiten, etwas abzuknabbern.

2. Gehe zur Maniküre

Ja, du hast richtig gelesen. Für Männer ist das eine Win-win-Situation. Eine professionelle Maniküre verhindert spröde Nagelhaut. Dadurch gibt es weniger Risse und für dich weniger Versuchungen, etwas abzubeißen. Und, wie eingangs erwähnt: Auch beim nächsten Date machst du mit gepflegten Händen einen besseren Eindruck. Alternative: Wer keinen Wert auf gepflegte Hände legt, kann auf eingerissene Nägel einfach ein Pflaster kleben. Der Trick, Handschuhe zu tragen, funktioniert nur im Winter. Einige Betroffene raten sogar gänzlich davon ab: Bleiben die Nägel irgendwo im Stoff des Handschuhs hängen, würde man erst recht zubeißen!

3. Versuche es mit Bittertinktur für die Nägel

Die Tinkturen, zum Beispiel von ECRINAL®, schmecken furchtbar, sind aber ungefährlich. Der Sinn: Wer kaut, wird bestraft. Nagt der Betroffene unbewusst an seinen Nägeln, wird ihm durch den plötzlich unangenehmen Geschmack der Tinktur die schlechte Angewohnheit bewusst. Im Idealfall nimmt er dann die Finger wieder aus dem Mund. Der Geschmack kann bis zu einer halben Stunde im Mund verbleiben.

4. Nutze einen Anti-Stress-Ball

Wie der Name schon sagt, funktioniert das vor allem bei Betroffenen, die unter Stress anfangen, an ihren Nägeln zu kauen. Es geht darum, die schlechte Angewohnheit des Nägelkauens gegen eine gute Angewohnheit zu ersetzen. Wie das geht? Sobald du dir den Finger in den Mund schieben willst, nimmst du einen kleinen knetbaren Gegenstand in die Hand. Der hält deine Finger beschäftigt und fern ab vom Mund. Außerdem baust du durch das Kneten Stress ab. Die Bälle gibt es für wenige Euro zu kaufen. Wer kein Geld ausgeben will, kann versuchen, einen Kugelschreiber zwischen den Fingern zu balancieren.

5. Probiere eine Hypnosetherapie

Pure Willensanstrengung ist nicht immer die Lösung. Liegen die Ursachen des Fingernägelkauens tief in der Psyche des Betroffenen vergraben, kann eine Tiefenhypnose helfen. Ablauf: Der Arzt oder die Ärztin versetzt den Patienten in eine Art Trancezustand. So erhält er Zugang zum Unterbewusstsein des Betroffenen. Auf diesem Weg versucht er, die eigentlichen Gründe aufzulösen. Wie viele Sitzungen nötig sind, ist individuell unterschiedlich. Wer mehr über Hypnosen wissen will: Die Universität Tübingen führt eine Liste über die Wirksamkeit der Hypnose im Falle von Schlafstörungen, Rauchen oder auch bei Übergewicht.

6. Beginne ein Habit Reversal Training (HRT)

Zu Deutsch etwa "Verhaltens-Umkehr-Training". Das ist ein spezielles Selbstkontrolltraining aus der Verhaltenstherapie, "um Automatismen zu durchbrechen", erklärt Tegtmeyer-Metzdorf. Vor allem bei zwanghaften Patienten gilt HRT als ein bewährtes Mittel gegen Nägelkauen. In 4 Schritten kann der Betroffenen es schaffen, die lästige Angewohnheit des Nägelkauens systematisch abzutrainieren.

    1. Bewusstsein schärfen durch Protokolle: Notiere dir, in welchen Situationen du warum kaust.
    2. Ersatzhandlung: Das funktioniert so ähnlich wie beim Anti-Stress-Ball. Sobald du den Drang verspürst, an deinen Fingernägeln zu kauen, musst du etwas komplett anderes machen: Setz dich auf deine Hände, rät Tegtmeyer-Metzdorf. Oder du knetest auf einem Anti-Stress-Ball herum. Wichtig: Es sollte etwas sein, was du über ein paar Minuten hinweg machen kannst. Also ausreichend Zeit, damit der Kau-Impuls nicht sofort wieder kommt.
    3. Motivation aufbauen: Mach dir immer wieder die Gründe deutlich, warum es besser ist, mit dem Nägelkauen aufzuhören (Freund:in, Arbeit, Infektionen). Hilfreich: Familienmitglieder und Freund:innen sollten den Betroffenen für seinen bisherigen Erfolg loben.
    4. Festigung: Du hast dir als Ersatzhandlung etwa das Drehen eines Kugelschreibers zwischen den Fingern ausgesucht. Jetzt übst du diese Ersatzhandlung nicht nur in den Momenten, in denen du den Drang zum Nägelkauen verspürst, sondern auch zwischendurch.

Wie gefährlich ist das Nägelkauen?

Du bist dir immer noch unschlüssig, ob du mit dem Nägelkauen aufhören willst? Es fühlt sich schließlich so gut an. Nun, Bilder sagen mehr als tausend Worte. Wenn dir die erwähnten Gründe Unattraktivität, Stigmatisierung wie Charakterschwäche und Infekte durch Keime nicht ausreichen, dann wirf einen Blick auf diese Bilder. Vorsicht: unappetitlich. Solltest du gerade Mittag gegessen haben, warte noch etwas ab.

  • Infektionen und Entzündungen: Die Nagelhaut schützt die Wachstumszone deines Nagels. Wer sie durch das ständige Rumkauen verletzt, riskiert das Eindringen von Erregern – darunter Nagelbett-Entzündungen. Die Erreger können sogar bis in die Lymphbahnen vordringen, warnt unser Experte.
Folge von Nägelkauen: Nagelbett-Entzündungen
zlikovec / Shutterstock.com
  • Eingewachsener Nagel: Ja, wir wissen: Das ist kein Finger-, sondern ein Fuß-Nagel. Aber freu dich nicht zu früh. Beide Nägel besitzen eine sogenannte Nagel-Matrix. Aus dieser Zellen-Wurzel wachsen die Nägel. Aber genau diese Matrix kann durch das Nägelkauen beschädigt werden. Und das kann zu chronisch eingewachsenen Nägeln führen.
Folge von Nägelkauen: eingewachsener Nagel
wanida tubtawee / Shutterstock.com
  • Warzen: Die Hautwucherungen werden durch die ansteckenden humanen Papillomviren (HPV) ausgelöst. Sie treten häufig an Händen auf. Du hast dort keine Warzen? Nun, die Viren können durchs Händeschütteln mit anderen Personen weiterverteilt werden. Die Erreger dringen in die durch das Nägelkauen offenen Stellen der Finger ein. Danach können genau dort Warzen wachsen. Und nicht nur dort: auch im Mundraum!
Folge von Nägelkauen: Warzen an den Händen
Roblan / Shutterstock.com
  • Herpes: Herpes im Gesicht ist schon unangenehm genug. Über den Mund können die Viren aber auch durch die entzündeten Stellen in die Finger eindringen. Erste Symptome sind Fieber und ein Kribbeln im Finger. An den betroffenen Stellen können dann Geschwüre wachsen, die mit Flüssigkeit und sogar Blut gefüllt sind.

Fazit: Finde die Ursache fürs Nägelkauen heraus

"Bevor man sein Mittel gegen das Nägelkauen auswählt, ist es wichtig zu wissen, in welchem Zusammenhang das Nägelkauen steht", sagt unser Experte. Tust du es nur aus Langeweile oder zum Stressabbau, können die ersten 4 Mittel bereits helfen. Ist das Nägelkauen jedoch eine zwanghafte Angewohnheit, solltest du eine HRT-Verhaltenstherapie ausprobieren. Denn hinter dem Kauen können tiefere Probleme und Unsicherheiten stecken, die man in einer Psychotherapie beheben kann.