Unnötige Food-Trends
5 Food-Trends, die Sie nicht mitmachen müssen

Ob Superfoods, Protein-Pudding oder Paleo-Diät: Ernährungsexperten verraten, welche Food-Trends Sie guten Gewissens ignorieren können
Das sind die unnötigsten Food-Trends
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Food-Trends gibt es viele. Und jedes Jahr kommen neue hinzu. Mal wird ein einzelnes Lebensmittel gehypt, dann wieder eine neue Ernährungsform gefeiert. Sie erinnern sich bestimmt noch an den Chiasamen-Boom oder den Siegeszug von Kokosöl? Vielleicht haben Sie sich aber auch selbst mal eine Weile nach Paleo wie ein Steinzeitmensch ernährt oder mit der Keto-Diät abgespeckt.

Food-Trends geben Ihnen neue Impulse für eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung. Doch wie in der Mode gilt auch bei Lebensmitteln: Sie müssen nicht jeden Trend mitmachen oder blind einer neuen, coolen Ernährungsphilosophie folgen, die für Sie vielleicht überhaupt nicht geeignet ist.

Besser: Neue Food-Trends genau unter die Lupe nehmen und abwägen, wie sinnvoll sie wirklich sind. Dieser Meinung sind auch unsere Ernährungsexperten, die einige Trends der letzten Jahre für völlig überflüssig halten, wie zum Beispiel diese 5 hier:

1. Food-Trend: Superfoods

Sie haben sich schon immer gefragt, was genau diese sogenannten Superfoods eigentlich sind? Eine einheitliche Definition gibt es nicht, daher kann im Grunde jedes Lebensmittel als Superfood angepriesen werden. Oft stammen sie aus exotischen Ländern, haben mindestens genauso exotische Namen (Goji, Baobab, Maca) und überzeugen mit einer außergewöhnlich hohen Nährstoffdichte. Experten kennen allerdings eine Alternative zu den oft überteuerten "Super-Lebensmitteln":

Die Inhaltstoffe von Chia-Samen machen satt und wach
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Es müssen nicht die teueren Chiasamen sein: Leinsamen sind genauso "super"

"Der anhaltende Superfood-Trend läuft mittlerweile aus dem Ruder, dabei gibt es so viele heimische Superfoods", findet nicht nur DR-Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl, sondern auch TV-Kollegin Dr. Anne Fleck. "Viele Exoten, die noch vor Jahren in Deutschland völlig unbekannt waren, werden jetzt gehypt. Dabei ist oftmals eine regionale Alternative vorhanden, deren Super-Wirkung man sich gar nicht bewusst ist", so die Internistin, Rheumatologin und Ernährungsmedizinerin aus Hamburg.

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Sparen Sie sich das Geld für teure Superfoods und wählen Sie zu regionale Alternativen: Leinsamen sind beispielsweise genauso (super) gesund wie Chiasamen, frische Heidelbeeren viel leckerer als getrocknete Gojibeeren und Rapsöl von der Fettsäurenzusammensetzung wesentlich besser als Kokosöl.

2. Food-Trend: "Frei von…"-Lebensmittel

Im Supermarkt gibt es mittlerweile ganze Regalreihen voller Produkte mit dem Hinweis laktose-, fruktose- oder glutenfrei. Das freut natürlich all diejenigen, die von einer entsprechenden Unverträglichkeit betroffen sind. Doch die Lebensmittelindustrie vertreibt glutenfreie Kekse & Co. mittlerweile eher als eine Art gesundes Lifestyleprodukt, um eine größere Zielgruppe anzusprechen.

"Inzwischen werden sogar Produkte als "frei von" gelabelt, die schon von Natur aus kein Gluten oder keine Laktose enthalten – das ist ganz schön dreist", findet der Diplom-Ökotrophologe Uwe Schröder vom Deutschen Institut für Sporternährung e.V. (DiSE). Bestes Beispiel: Hartkäse.

Dabei sind die Ersatzprodukte für "Normalos" überhaupt nicht gesünder. Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall, weiß Food-Journalistin Inga Pfannebecker: "Wer von einer Glutenintoleranz betroffen ist, muss Gluten strikt meiden, klar. Allen anderen bringt es nichts, auf glutenhaltiges Getreide zu verzichten. Im Gegenteil: Oft kommen dann wertvolle Ballaststoffe und B-Vitamin zu kurz. Den Glutenfrei-Trend halte ich daher für völlig übertrieben", so die Ökotrophologin.

3. Food-Trend: Paleo-Diät

Essen wie ein Steinzeitmensch – darum geht es grob gesagt bei Paleo. Tabu sind im Rahmen dieser Ernährungsform zum Beispiel Zucker, Weizenmehl und Fertigprodukte, stattdessen setzen Paleo-Anhänger auf Beeren, Gemüse sowie reichlich Fisch und Fleisch.

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Bei der Paleo-Diät werden zu große Mengen an Fleisch empfohlen

"Gegen Paleo und andere Ernährungskonzepte ist im Grunde nichts einzuwenden, solange sie  abwechslungsreich sind, wenig Zucker enthalten und Obst und Gemüse erlaubt sind", sagt Dr. Burkhard Jahn, Allgemein- und Ernährungsmediziner sowie Buchautor (Das dicke Ende, braumüller). "Mich persönlich stört an der Paleo-Diät allerdings, dass Fleisch eine so große Rolle spielt. Wir sollten unseren Fleischkonsum eher reduzieren."

Experte Dr. Matthias Riedl sieht das ähnlich: "Paleo liegt leider falsch mit seinem hohen Anteil an Fleisch, denn solche Mengen haben unsere Vorfahren nie geschafft zu jagen, da steckt einfach zu viel Ideologie drin", sagt der ärztliche Direktor des medicum Hamburg, der größten Spezialpraxis für Diabetes und Ernährung. Riedl selbst ernährt sich flexitarisch. Flexitarier essen bevorzugt vegetarisch, greifen aber ab und zu auch zu Fisch oder Fleisch. Man bleibt in Sachen Ernährung also flexibel und folgt nicht blind den Regeln eines Ernährungskonzepts, nur weil es gerade Trend ist.

4. Food-Trend: Vegane Fleischersatzprodukte

Ob Tofu-Würstchen oder Seitan-Schnitzel: Es gibt mittlerweile kaum ein tierisches Lebensmittel, das keinen "Veggie-Klon" hat. Gekauft werden solche Ersatzprodukte nicht nur von Veganern, sondern auch von Menschen, die ihren Fleischkonsum lediglich reduzieren wollen. Weniger Fleisch zu essen, ist gesund und gut für die Umwelt – wo liegt also das Problem? Bei den Produkten selbst. Denn wer mal einen Blick auf die (meist sehr lange) Zutatenliste von Veggie-Wurst wagt, dem kann beim Anblick der vielen Zusatzstoffe regelrecht der Appetit vergehen.

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Das findet auch der Ernährungswissenschaftler Uwe Schröder: "Diese Chemiebomben führen den "Fleisch-frei"-Trend ad absurdum, denn vegane Ersatzprodukte haben rein gar nichts mit gesundheitsorientierter Lebensmittelauswahl zu tun. Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum einfach und greifen Sie bei Bedarf zu hochwertigem Fleisch statt zu Ersatzprodukten."

5. Food-Trend: Protein-Lebensmittel

Mit Protein angereicherte Lebensmittel sind aktuell definitiv Trend. Eine proteinreiche Ernährung ist vor allem für Sportler wichtig, da Eiweiß unter anderem für den Aufbau neuer und die Reparatur bestehender Muskelzellen wichtig ist. Auch Abnehmwillige profitieren von reichlich Protein, denn es sättigt sehr lange. Die Frage ist nur: Brauchen wir wirklich Produkte wie Eiweiß-Brot oder Protein-Pudding, um unseren täglichen Bedarf zu decken? 

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Besser als jeder Protein-Pudding der Welt: ein Becher Magerquark als Snack

"Den Trend, mit Protein angereicherte Produkte zu kaufen, halte ich für überflüssig", sagt Diplom-Ökotrophologin und Kochbuch-Autorin Inga Pfannebecker. "Wer nicht gerade Leistungssportler ist, kann sehr gut mit ganz normalen, eiweißreichen Lebensmitteln seinen Bedarf decken und braucht dazu keine künstlich aufgepeppten, teuren Produkte."

Besser: Tierische und pflanzliche Proteinquellen, wie zum Beispiel Fisch, Eier, Hülsenfrüchte und Nüsse, täglich in seinen Ernährungsplan einbauen und abwechslungsreich miteinander kombinieren. Ein weiterer Vorteil: Sie wissen ganz genau, was sie da essen. Viele Protein-Lebensmittel stecken nämlich voller Zusatzstoffe, wie Süßungsmittel und Aromen. Ein Blick auf die Zutatenliste vor dem Kauf lohnt sich also auch immer.

Fazit: Machen Sie nicht jeden Food-Trend mit

Food-Trends wird es immer geben – und das ist auch sinnvoll, schließlich bringen sie Abwechslung in Ihre Ernährung. Aber ob Sie sich von jedem Hype anstecken lassen und viel Geld für exotische oder als gesund vermarktete Lebensmittel ausgeben, entscheiden allein Sie. Hinterfragen Sie neue Ernährungskonzepte genau und bleiben Sie sich im Zweifel eher treu, anstatt blind irgendwelchen strikten Regeln zu folgen.

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05 / 2023

Erscheinungsdatum 12.04.2023