Von wegen unmännlich: ein Klebeband auf der Haut zu tragen ist extrem lässig. Zumindest wenn es sich um ein Physio-Tape handelt. Seit den olympischen Sommerspielen in Beijing aus dem Profisport kaum noch wegzudenken, erobern die bunten Strips nun mehr und mehr den Freizeit-Athleten-Bereich. Wie auch Sie von den bunten Klebestreifen profitieren, erfahren Sie hier:
Was ist ein Kinesio-Tape und woraus besteht es?
Eine Methode gegen Stillstand. Ursprünglich wurde sie von einem japanischen Chiropraktiker entwickelt, dem es darum ging, dass sich seine Patienten trotz Verletzung weiterhin bewegen können. Daher klebte er ihnen lange bunte Streifen über die schmerzhaften Stellen. Mittlerweile bestehen diese Klebeverbände aus einem Baumwoll-Nylon-Mix, der auf der Unterseite von einer dünnen Schicht Acryl-Kleber überzogen ist. Ähnlich wie die Haut lassen sich die Tapes (nur!) in die Längsrichtung dehnen, um sich jeder Bewegung anpassen zu können. Durch eine bestimmte Web-Art sind sie zudem atmungsaktiv.

Wie wirken Kinesio-Tapes?
Anders als zunächst gedacht. "Früher nahm man an, dass sich ein Tape unmittelbar auf den Muskel und Faszien auswirkt", erklärt RockTape Master Instructor Paulina Ioannidou. "Mittlerweile ist es erwiesen, dass es keinen direkten Einfluss hat, sondern nur einen sensorischen Input über die Haut liefert." Sprich: Das Tape löst ein Gefühl aus, das ans Gehirn weitergeleitet wird – ein gutes Gefühl. "Der Effekt ist mit der natürlichen Reaktion auf einen Stoß vergleichbar – die betroffene Stelle fühlt sich ja sofort besser an, wenn wir sie reiben", so die Physiotherapeutin aus Köln (www.pi-physio.de). Ein Tape bewirkt also, dass wir uns direkt nach dem Anlegen besser fühlen.

Was haben die Farben von kinesiologischen Tapes zu sagen?
Nichts. Die Auswahl ist riesig, beschränkt sich aber allein auf die Optik. "Die Farben haben keinerlei Wirkung aufs Tape. Auch wenn rot als aktivierende Farbe gilt und blau dem Muskel angeblich Spannung nimmt – diese Annahmen sind überholt", sagt Ioannidou. Daher könnten Sie sich auch getrost Ihr Konterfei aufs Tape drucken lassen. Oder den Leopardenlook wählen, wenn Ihnen danach ist. Den Effekt beeinflusst das nicht.
Wie unterscheiden sich die Tapes?
In Ihrer Aufmachung. Die klassische Variante ist 5 Zentimeter breit, es gibt aber auch nur halb oder doppelt so breite Modelle. Das Einsatzgebiet entscheidet darüber, wie breit sie gehen dürfen. Am kleinen Finger reicht sicherlich die schmale Variante, welche dem großen Rückenmuskel nicht reicht. Zu haben sind die Tapes in Orthopädie-Läden, Sanitätshäusern, Drogeriemärkten und natürlich online. Günstiger als mit Einzelstrips (2 Stück kosten um die 10 Euro) kommen Sie mit dem Kauf einer 5-Meter-Rolle (um 15 Euro) weg. Die Expertin weiß: "Je dichter ein Tape gewebt ist, desto länger hält es." Es lohnt sich also, im Zweifel etwas mehr Geld auszugeben und die Streifen vorab mal in die Hand zu nehmen.

Was bringen Kinesio-Tapes?
Mehr Mobilität. "Ich kann Bewegungen, die vorher schmerzhaft waren, mit einem Tape wieder ausführen", sagt die Therapeutin. Der Grund dafür: "Das Tape zieht sich bei korrekter Klebung in der Mitte zusammen und hebt damit die obere Hautschicht an." Auf diese Weise drückt diese weniger auf die Nerven, die Durchblutung und auch der Lymphfluss laufen besser ab. Aber bitte nicht falsch verstehen: Ein medizinisches Klebeband behebt nicht die Ursache des Problems, sondern lindert nur die Symptome. Beispielsweise können Sie mit einem Klebeverband am Knie wieder Treppensteigen, die Ursache – in den meisten Fällen zu schwache Oberschenkelmuskeln – beseitigen Sie damit nicht. Da ist schon gezieltes Aufbautraining gefragt. Übrigens würde in diesem Fall das Tape wie ein Y über Ihr Knie geklebt, was Schmerzen, aber auch Schwellungen lindert. Tragen Sie hingegen ein langgezogenes I vom Schienbein übers Knie bis zum Oberschenkel, wirkt das leistungssteigernd und wird gern von Sprintern benutzt. Bei extremen Schwellungen oder auch Blutergüssen klebt schon mal eine Qualle auf Ihrem Körper. "Ihre einzelnen wellenförmigen Tentakeln sorgen für einen Druckunterschied unter der Haut", erläutert Ioannidou. Auf diese Weise wird Lymph- und Hämatomflüssigkeit abgebaut.

Wann sind Tapes sinnvoll – und wann nicht?
Es kommt darauf an: Neben der Schmerztherapie, Performancesteigerung und Lymphdrainage gibt es ein weiteres Einsatzgebiet: Die Haltungskorrektur "Diese bestimmte Anlage zieht die Schulterblätter zurück und richtet den Oberkörper auf", erklärt die Sportwissenschaftlerin. So werden beispielsweise Nackenbeschwerden oder verspannungsbedingte Kopfschmerzen gelindert. Absolute No-Gos beim Taping ist das Überkleben von offenen Wunden. Auch bei akuten Tumorerkrankungen lassen Sie lieber die Finger vom Tape, da der – durch das Pflaster beschleunigte –Stoffwechsel das weitere Wachstum anregen kann. "Bei Allergien und Hautirritationen sollten Sie ebenfalls verzichten", betont Ioannidou. Am besten testen Sie eine kleine Stelle an dem Punkt, wo das Tape später hin soll. Denn nur weil Sie in der Ellenbeuge Ausschlag bekommen, heißt das noch lange nicht, dass das am Knie ebenfalls passieren wird. Die entsprechenden Nervenrezeptoren reagieren laut Expertin nämlich nicht überall gleich. Übrigens hält sie die Linderung von Heuschnupfen oder Bluthochdruck durchs Taping schlichtweg für "Unsinn".

Kann ich mich selbst tapen?
Ja, aber besser erst beim zweiten oder dritten Mal. Und natürlich nur, wenn die Stelle gut erreichbar ist. Fürs erste Mal gehen Sie idealerweise zum Arzt, Physiotherapeuten oder Personal Trainer mit entsprechender Zusatzausbildung. Eine Sitzung kostet Sie rund 10 Euro plus Kosten fürs Tape. Dort lassen Sie sich zeigen, wie das Tape angelegt wird beziehungsweise welche Haltung Sie einnehmen müssen, wenn Ihre Partnerin Sie tapt. Beispielsweise beim unteren Rücken sollten Sie sich etwas nach vorn beugen, um den Klebeverband korrekt anbringen zu können. Die Therapeutin gibt zu Bedenken: "Fühlt sich das Tape nicht gut an, muss es sofort runter!" Und tapen Sie sich niemals allein am Hals. "Vorne verlaufen viele Gefäßstrukturen. Ein dort angelegtes Modell kann den Blutdruck verändern."

Wie lange hält ein Tape und was muss ich beachten?
Ein paar Dinge. Soll das Physio-Tape über einer behaarten Stelle kleben, zücken Sie zunächst den Haartrimmer, um Ihre Wolle zu stutzen. "Eine Nassrasur kann kleine Wunden verursachen, die Hautirritationen oder Entzündungen zur Folge haben", so Ioannidou. Desinfizieren Sie die saubere, nicht frisch eingecremte Stelle dann mit Alkoholtüchern, um die Haut zu entfetten. "Ich setze die Tapeenden nie unter Spannung und runde diese vorher mit einer Schere ab.“ Runde Ecken bleiben nämlich nicht so leicht an der Kleidung hängen, wenn Sie sich an- oder ausziehen. Achten Sie zudem darauf, dass Sie die Klebefläche nicht mit den Fingern berühren. Sonst reduziert das dortige Hautfett die Haltbarkeit des Tapes. Wer all diese Dinge beachtet, hat 5 bis 6 Tage Freude an seinem Klebestrip. Duschen und Schwitzen, alias Sporttreiben, beeinflusst die Haltbarkeit nicht. Gibt es Probleme beim Ablösen, verwenden Sie ein wenig Olivenöl, um den Kleber zu lösen. Sollte sich das gute Stück schon vor Ablauf der 5-Tage-frist verabschieden, bringt es gar nichts, es mit Tesafilm oder sonst wie wieder zu befestigen. Dann muss es einfach runter.

Welche Stellen lassen sich am besten tapen?
So gut wie jede. Klassiker sind folgende, im Bild und Video gezeigte Stellen:
Sprunggelenk mit Tape stabilisieren
Kleben Sie ein Tape (pink) mit 50-prozentiger Dehnung (vorher testen) vorn ums Gelenk, die Enden ohne Spannung. Ein weiteres Tape (blau) unter dem Fuß über den Knöchel.
Drittes Tape (blau) in Form einer nach oben offenen Acht mit 70 Prozent Zug ums Sprunggelenk kleben: mittig an der Achillessehne ansetzen, vorn kreuzen, wieder nach hinten.
Taping bei Fuß-Beschwerden: So tapen Sie die Plantarfaszie
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Wie Sie mit Taping Nackenschmerzen vermindern können
- Vom Nacken abwärts kleben Sie 2 Klebestreifen mit rund 25 Prozent Dehnung links (hier pink) und rechts (hier blau) entlang der Wirbelsäule bis auf Höhe der Schulterblätter.
- Nun wird ein weiteres Tape (hier gelb) um etwa 80 Prozent gedehnt und mit dieser Spannung auf der Höhe, wo der Schmerz am stärksten ist, quer über den Nacken geklebt. Fertig!
Taping bei Schmerzen im unteren Rücken:
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Wie Sie mit Taping ein Läuferknie behandeln
- Befestigen Sie ein kurzes Stück Tape, Spannung 80 Prozent, am äußeren Knie über der schmerzenden Stelle, darüber etwa im rechten Winkel zum ersten noch einen Streifen.
- Über das Tape-Kreuz kleben Sie nun einen Streifen (hier gelb) mit 25 Prozent Spannung. Er verläuft von unterhalb des Knies entlang des Oberschenkels über den Schmerz.
Taping bei Schulterproblemen:
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Fazit: Mit Kinesio-Tapes können Sie sich schmerzfreier bewegen
Ein kinesiologisches Tape sorgt dafür, dass Sie sich trotz Verspannungen oder Schmerzen normal bewegen können und fördert damit den Heilungsprozess. Zudem kann es Ihre Performance steigern oder Blutergüsse schneller abheilen lassen. Die Farbe des Tapes spielt dabei keine Rolle.