Der Verschluss von Leistenbrüchen gehört in Deutschland zu einer der häufigsten Operationen bei Männern – deutlich seltener treten diese bei Frauen auf. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes ist der Leistenbruch im Jahr 2018 sogar bei Männern der dritthäufigste Grund für eine OP in Deutschland gewesen. Demnach ist es umso wichtiger, über die Ursachen und mögliche Folgen Bescheid zu wissen.
Was ist ein Leistenbruch?
Kräftiges Husten, das Heben von schweren Gewichten oder sogar das Pressen beim Stuhlgang können die Ursachen eines Leistenbruchs, auch Leistenhernie genannt, sein. Eine Druckerhöhung im Bauchraum führt dazu, dass Organe an den Leistenkanal gedrückt werden, wobei in diesem Bereich ein Bruch entstehen – dieser äußert sich in Form einer Bruchpforte beziehungsweise einer Lücke im Gewebe. Folglich können vom Bauchfell umgebene Eingeweide nach außen gelangen. Hierbei wird wiederum eine Schwellung verursacht, die meist der Form eines Sacks ähnelt. Dr. Azin Jafari, Oberärztin am Uniklinikum Bonn, unterscheidet bei den Leistenbrüchen generell zwischen einem angeborenen und einem erworbenen Leistenbruch:
"Ursächlich für einen angeborenen Leistenbruch ist ein offener Processus vaginalis, ein unvollständiger Bauchwandverschluss, der im Rahmen der Embryonalentwicklung entsteht", so Dr. Jafari. Bei einer Druckerhöhung im Bauchinnenraum kann es somit, im bereits brüchigem Leistenbereich, schneller zu einem Bruch kommen.
Eine erworbene Hernie entsteht im Laufe des Lebens trotz eines vollständigen Verschlusses der Bauchwand. Der Aussage von Dr. Jafari zufolge gelten als Risikofaktoren hauptsächlich "Lungenerkrankungen, Nikotinabusus (-konsum), ein reduzierter Body-Mass-Index sowie Kollagenerkrankungen". Weitere Ursachen für einen erworbenen Leistenbruch können sein:
- Chronische Verstopfung
- Prostatavergrößerung
- Ständiges Husten
- Niesen
- Tragen schwerer Gewichte / Pressatmung
- Krampfadern
- Übergewicht

Woran erkenne ich einen Leistenbruch?
Auch wenn wir bei der Hernie von einem Bruch sprechen, musst du dir keine Sorgen machen, dass Knochen dabei kaputt gehen – beim Leistenbruch wird lediglich Gewebe durchstoßen, weswegen es auch nicht unbedingt schmerzhaft für dich wird. Das kann sich allerdings ändern, wenn du nach dem Bruch den Druck im Bauchraum durch Husten oder ähnliches erhöhst. Leistenschmerzen sind generell kein verlässliches Anzeichen für einen Leistenbruch, da sie ebenfalls durch geschwollene Lymphknoten oder Tumore entstehen können. Dennoch: Bei Schmerzen in der Leistengegend solltest du zum Arzt gehen.
Deutlicher als an den Schmerzen lässt sich eine Leistenhernie an der Schwellung der Bruchstelle erkennen. Dort, wo Eingeweide durch die Bruchpforte austreten, wirst du eine mehr oder weniger ausgeprägte Schwellung sehen/ertasten können. Oftmals lässt sich der Bruchsack dann wieder nach innen wegdrücken, was die Schwellung kurzfristig behebt. Langfristig kannst du so selbstverständlich nicht deinen Leistenbruch behandeln. Zudem könnte eine Schwellung des Hodens auftreten, wenn der Bruch bis in den Hoden reicht. Zum Arzt solltest du auf jeden Fall gehen, wenn du eine Beule in der Leistengegend bemerkst.
Solltest du sehr starke Schmerzen haben, an Übelkeit oder Erbrechen leiden, nachdem ein Leistenbruch bei dir diagnostiziert wurde, musst du dich umgehend zum nächstgelegenen Krankenhaus begeben – du befindest dich im Falle dessen in einer Notfall-Situation. Zu den Gefahren des Leistenbruchs erfährst du später noch mehr.

Wie kann ich einem Leistenbruch vorbeugen?
Dr. Matthias Haas, Oberarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie am EK in Unna, erklärt: "Es gibt nur begrenzte Vorbeugungsmöglichkeiten, da die häufigste Ursache in einer Bindegewebsschwäche liegt." Dennoch sei ein gemäßigtes Training der Bauchmuskulatur sinnvoll, ebenso wie die Vermeidung von starkem Pressen bei Verstopfung. "Erkrankungen, die zu einem erhöhten Druck im Bauchraum führen, wie Asthma, COPD oder Prostatahypertrophie, sollten behandelt werden, um die Gefahr einer Leistenhernie zu reduzieren", fügt Haas hinzu.
Kann ich mit einem Leistenbruch Sport treiben?
Tatsächlich musst du nicht unbedingt auf Sport verzichten, solltest jedoch Kraftübungen meiden. Besonders ungünstig seien "Kraftsportarten mit starker Erhöhung des Bauchinnenraumdruckes", so Dr. Haas. Die Schmerzen, die durch den Bruch entstehen können, und die Schwellung werden unter Belastung, vor allem bei einer Druckerhöhung, meist verstärkt. Außerdem gehst du die Gefahr ein, bei einer falschen Bewegung Teile deiner Eingeweide einzuklemmen – das ist ebenso gefährlich, wie es klingt.
Unter Sportlern, besonders bei Fußballern und Tennisspielern, ist die sogenannte "weiche Leiste" weit verbreitet. Die Betroffenen weisen ähnliche Symptome wie bei einem Leistenbruch auf. Kurze Sprints und abruptes Abstoppen können zu einer Überlastung in der Leistengegend führen, es kommt zu kleinen Verletzungen der Muskeln/Sehnen und somit zur "weichen Leiste" – diese wird auch Sportlerleiste genannt. Aus der Sportlerleiste kann sich zudem ein Leistenbruch entwickeln, weshalb du beim Kicken vorerst etwas kürzertreten solltest.

Wie wird der Leistenbruch behandelt?
Eine Sache vorab: Bei Verdacht auf einen Leistenbruch solltest du dich auf jeden Fall an deinen behandelnden Arzt wenden. Das Ausmaß des Bruchs kann dieser am besten einschätzen, auch wenn du bisher keine Beschwerden hattest. Der Aussage von Dr. Haas zufolge erfolge eine Operation bei Männern in "70-80% innerhalb von 2 Jahren". Dr. Azin Jafari erklärt, dass bei einer asymptomatischen Hernie zunächst abgewartet werden kann. "Treten dann doch Beschwerden auf, sollte eine Operation erfolgen", fügt sie hinzu.
Wann kann ich nach der Leistenbruch-Operation wieder Sport machen?
Generell musst du dir keine Sorgen machen, dass die Operation dich anhaltend vom Sporttreiben abhält. Besonders alltäglichen Belastungen kannst du dich schon direkt nach der Operation wieder aussetzen. Dr. Haas empfiehlt, mit "leichten sportlichen Aktivitäten, ohne Anspannung der Bauchdecke, erst zwei Wochen nach der Operation wieder zu beginnen" - auf eine "volle körperliche Belastung" solltest du mindestens vier Wochen verzichten. Zusätzlich rät Dr. Haas: "Ich würde mit speziellem Krafttraining der Rumpfmuskulatur auf hohem Belastungsniveau für sechs Wochen pausieren".
Wie gefährlich kann ein Leistenbruch werden?
Nach einer Aussage von Dr. Matthias kann ein Leistenbruch im schlimmsten Falle lebensbedrohlich werden. Grund hierfür sei die sogenannte "Inkarzeration", bei welcher Bauchorgane, meistens Teile des Darms, eingeklemmt werden. Die Durchblutungsstörung könne im Folgenden zum Absterben des Organs führen, "Stuhlaustritt in das umgebende Gewebe mit nachfolgender Bauchfellentzündung und Blutvergiftung" wäre letztlich das schlimmste Szenario und lebensbedrohlich. Die Gefahr äußert sich nicht im Leistenbruch an sich, sondern in der Möglichkeit, dass Organe eingeklemmt und verletzt werden könnten.
Leistenbrüche sind in vielen Fällen unbedenklich. Solltest du dennoch Beschwerden haben, brauchst du dich nicht vor der Operation fürchten – der Verschluss von Leistenbrüchen ist einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe und gilt als Routinearbeit.