Zähneputzen am Morgen ist keine Frage der Routine, sondern vor allem der Hygiene. Doch es gibt da etwas, das deine Mundhygiene auf ein ganz neues Level heben und sogar Karies vorbeugen soll: Ölziehen gilt im Ayurveda als jahrhundertelange Tradition und gehört bei immer mehr Menschen zum morgendlichen Reinigungsritual – auch Biohacker schwören darauf. Was das bringen soll, wie es richtig funktioniert und welche Öle du dafür verwendet kannst, haben wir Emanuel Fiore, Yogalehrer und Ayurveda-Coach gefragt.
Traditionell gilt Ölziehen als ayurvedisches Reinigungsritual, bei dem Öl durch die Zähne gezogen wird. Dabei sollen Ablagerungen und Bakterien, die sich über Nacht im Mundraum ansammeln, gebunden und entfernt werden. Dabei steht für viele Menschen gar nicht unbedingt der ayurvedische Grundgedanke im Vordergrund. Vielmehr ist Ölziehen eine alternative und ergänzende Methode zur klassischen Mundhygiene, um Zähne und Mundraum sauber zu halten – und das obwohl die wissenschaftliche Lage derzeit (noch) keine aussagekräftigen Studien vorweisen kann.
"Tägliches Ölziehen hat laut ayurvedischer Traditionen einen sehr positiven Effekt auf die allgemeine Mund- und Zahngesundheit", weiß unser Experte. So soll es die Zähne stärken, Entzündungen vorbeugen, Mundgeruch bekämpfen und sogar bei der Karies-Prävention helfen.
Im Ayurveda schwört man schon seit Jahrtausenden von Jahren auf die morgendliche Reinigungsroutine. Um auch die westliche Schulmedizin von der Wirkung zu überzeugen, gibt es mittlerweile immer mehr Studien, die die positiven Effekte nachweisen wollen. Bis jetzt sind es jedoch zu wenige und die Ergebnisse selbst noch nicht aussagekräftig genug. Solange das der Fall ist, sind es vor allem die vielen guten Praxiserfahrungen, die dazu führen, dass immer mehr Zahnärzte Ölziehen als alternative Methode der Zahnreinigung empfehlen. Es ersetzt aber weder gründliches Zähneputzen, noch ein Mundwasser – es wirkt lediglich unterstützend.
Ursprünglich steht im Ayurveda beim Ölziehen jedoch gar nicht die Zahnreinigung, sondern die "Entgiftung" des Körpers im Vordergrund. Coach Fiore erklärt warum: "Im Ayurveda zählt der Mundraum zum Verdauungstrakt, in welchen vor allem über Nacht, wenn wir nicht regelmäßig schlucken, trinken oder Speichel produzieren, eine Ansammlung von aufsteigenden Stoffen aus den unteren Ebenen des Verdauungstraktes erfolgt. Diese sammeln sich als Beläge auf Zunge, Zähnen und Schleimhäuten und sind unter anderem für Mundgeruch und einen schlechten Geschmack im Mund verantwortlich." Hast du Mundgeruch? So kannst du es testen.
Um die Beläge zu entfernen, reicht Zähneputzen im Sinne der ganzheitlichen ayurvedischen Sicht nicht aus. Ölziehen soll helfen, diese Stoffe zu binden und zu entfernen. Da die Wirkung innerhalb kürzester Zeit eintreten soll, soll man den Effekt schon nach 24 Stunden erreichen können. Ein kleines Ritual mit großer Wirkung.
Ölziehen ist nicht kompliziert, kann dich aber vor allem beim ersten Mal etwas Überwindung kosten. Es ist nämlich ziemlich ungewohnt, das Öl so lange im Mund zu behalten. Doch die Benefits des Morgenrituals sprechen für sich und es spricht definitiv nichts dagegen, dass du es selbst einfach ausprobierst. Der Ayurveda-Coach erklärt, wie es funktioniert:
"Das machst du direkt nach dem Aufstehen auf nüchternen Magen", betont Fiore. "Nur so können die Ablagerungen, die über Nacht durch den Verdauungsprozess entstehen, im Mundraum abgelöst und vom Öl gebunden werden." Bedeutet also nichts essen, nichts trinken, keine Zähne putzen, sondern nach dem Aufstehen direkt Öl in den Mund und loslegen. Außerdem empfiehlt er: "Um sich daran zu gewöhnen, kann man erst einmal mit 3 bis 5 Minuten beginnen und die Zeit dann auf 5 bis 10 Minuten erhöhen."
"Generell eignet sich fürs Ölziehen jedes Öl, der persönliche Geschmack ist entscheidend", so der Experte. Wirf mal einen Blick in deine Küchen und schau nach, ob du eines dieser Öle vorrätig hast:
Falls du dich mit dem Geschmack herkömmlichen Speiseölen nicht anfreunden kannst, gibt es mittlerweile eine ganze Reihe spezieller Mundziehöle. Neben einem Basis-Öl enthalten sie ätherische Öle, die dem ganzen Geschmack geben. Besonders beliebt sind Minze, Rosmarin, Zitrone oder Orange. Zu kaufen gibt es diese Öle in jeder Drogerie, Apotheke oder online. Diese zwei Anbieter haben wir für dich herausgesucht:
1. Elixier: Durch naturreine, ätherische Öle wird das morgendliche Reinigungsritual nicht nur geschmacklich alltagstauglich, sondern sorgt dank der ausgewählten Komponenten für den Kick, den du am Morgen brauchst. Das Mundziehöl gibt es in drei Sorten: Krauseminze-Grapefruit, Orange-Ingwer-Rosmarin und Zitrone-Lemongras.
2. Jean & Lew: Statt fadem Ölgeschmack sorgt das Mundziehöl mit Pfefferminze für extra Frische und kann das Ölziehen um einiges angenehmer machen. Durch den praktischen Pumpverschluss lässt sich das Öl gut portionieren und sieht hip aus. Das Öl wird in Deutschland hergestellt und kommt ohne jeglichen Schnickschnack aus.
3. Alverde: Falls dir die oben genannten Ölen ein wenig zu teuer sind, dann haben wir hier noch einen guten Preis-Leistungs-Tipp für dich: Das Mundziehöl der Naturkosmetikmarke Alverde mit frischem Minzgeschmack gibt es nur knapp 5 Euro bei dm.
Um die Wirkung des Ölziehens zu verstärken, hat Experte Fiore noch mehr Tipps aus dem Ayurveda. Dabei geht es vor allem darum, die Ablagerungen, die sich im Mundraum sammeln, komplett zu entfernen. Das soll sich nicht nur positiv auf deine allgemeine Mundhygiene auswirken, sondern kann sogar deine Verdauung verbessern.
Zusätzlich zum Ölziehen empfiehlt Fiore die Zunge mit Hilfe eines Zungenschabers zu reinigen. "Du wirst verwundert sein, welche Ablagerungen sich auf deiner Zunge befinden", so der Experte. Dabei werden nicht nur bakterielle Beläge entfernt, sondern auch die Geschmacksnerven freigelegt und so Mundgeruch vorgebeugt. Als ganzheitliche Methode der Zahn- und Mundraumhygiene wird das übrigens auch von der Gesellschaft für Parodontologie empfohlen.
"Am besten funktioniert das Ganze mit speziellen Zungenschabern aus Edelstahl, die man mit heißem Wasser reinigen und wiederverwenden kann", erklärt er. Um es zu probieren, kannst du es auch mit einem Löffel versuchen. "Solltest du zu Beginn davon würgen müssen, beginne nicht zu weit hinten auf der Zunge anzusetzen, sondern dich erstmal daran zu gewöhnen. Es lohnt sich!"
Nach Ölziehen und Zunge schaben solltest du natürlich auch noch deine Zähne putzen. Das wird nämlich nicht einfach ersetzt, sondern ist Teil der ganzheitlichen Mundraumhygiene. "Im Ayurveda zählt der Mundraum zum Verdauungstrakt, in dem sich über Nacht Ablagerungen der Verdauung absetzen. Daher ist es wichtig, erst den Mund zu reinigen, bevor du etwas isst oder trinkst, weil du diese 'Schadstoffe' nach ayurvedischem Verständnis sonst herunterschluckst und sie so wieder in deinen Körper gelangen." Ob du dafür besser mit einer elektrischen Zahnbürste oder per Hand putzen solltest, liest du hier.
Nach der Nacht ist dein Körper dehydriert und braucht deshalb dringend Flüssigkeit. Ein großes Glas Wasser am Morgen soll dieses Defizit beseitigen. Aber warm? "Die Wärme regt laut Ayurveda die Verdauung an, Ablagerungen werden leichter abgelöst und der Stoffwechsel angekurbelt, besonders auf nüchternem Magen", so Fiore.
Auch wenn die wissenschaftliche Wirkung des Ölziehens noch nicht belegt ist, kannst du die alternative Methode anwenden um deine Mundhygiene zu optimieren und fiesen Mundgeruch vorzubeugen. Um es als feste Morgenroutine zu etablieren, hat Fiore noch einen Tipp: Mach dir keinen Stress! Plane morgens genug Zeit zum Ölziehen ein – auch wenn das bedeutet, den Wecker etwas früher zu stellen. Und noch etwas liegt unserem Experten am Herzen: "Im Ayurveda gibt es keine richtige oder falsche Morgenroutine, sondern nur eine, die dir gut tut." Du allein entscheidest daher, ob du Ölziehen in deine Pflegeroutine integrieren willst oder nicht. Probiere es morgen früh doch einfach direkt mal aus.