Muss man beim Training wirklich bis ans Muskelversagen gehen?

Muscle Failure
Muss man beim Training wirklich bis ans Muskelversagen gehen?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 04.11.2025
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Muskelversagen im Training
Foto: gettyimages/Jacob Wackerhausen

Du denkst, nur wer bis zum absoluten Muskelversagen trainiert, holt wirklich alles aus seinem Workout heraus? Viele Männer im Gym sind überzeugt, dass nur Training "bis nichts mehr geht" den Körper wachsen lässt.

Doch die Wissenschaft zeigt: Volle Erschöpfung ist gar nicht immer nötig, um Muskeln und Kraft aufzubauen. Schon Training knapp vor der Grenze bringt starke Ergebnisse – und schont gleichzeitig Gelenke, Nerven und deine Regeneration.

Was bedeutet Training bis zum Muskelversagen?

Von "Failure" spricht man, wenn du bei einer Übung so lange trainierst, bis wirklich keine Wiederholung mehr drin ist. Dabei gibt es zwei Stufen:

  • Technisches Muskelversagen: Du kannst die Übung nicht mehr mit sauberer Form oder kontrolliertem Tempo ausführen.
  • Muskelversagen im engeren Sinn: Dein Muskel macht komplett dicht – selbst mit unsauberer Technik bewegt sich das Gewicht keinen Millimeter mehr.

Im Gym wird oft diskutiert, ob man wirklich immer bis zu diesem Punkt gehen sollte – oder ob es nicht reicht, kurz davor aufzuhören. Genau hier setzt die aktuelle Forschung an.

Ist Muskelversagen nötig, um Muskeln aufzubauen?

Die gute Nachricht zuerst: Nein, du musst nicht in jedem Satz bis zum letzten Krampf trainieren. Eine aktuelle Übersicht im Journal of Sport and Health Science zeigt, dass Muskelwachstum auch dann passiert, wenn du ein paar Wiederholungen vor dem völligen Versagen stoppst. Die Zuwächse bei Kraft und Muskelmasse waren in den Studien vergleichbar – egal, ob die Probanden bis zum Ende durchzogen oder kurz vorher Schluss machten.

Der entscheidende Punkt: Du solltest nicht zu früh abbrechen. Das "Sweet Spot"-Fenster liegt bei etwa null bis fünf Wiederholungen vor dem Muskelversagen. Bedeutet: Solange du nicht mehr als drei bis fünf Wiederholungen im Tank lässt, bist du auf der sicheren Seite.

Leichtere Gewichte sind dabei die Ausnahme: Wenn du mit sehr wenig Last trainierst, ist es wichtiger, dich bis ans Limit zu pushen. Bei schweren Gewichten hingegen reichen schon ein paar Wiederholungen weniger, um denselben Effekt zu erzielen.

Das "Sweet-Spot"-Fenster Das Sweet-Spot-Fenster bezeichnet den optimalen Bereich kurz vor dem Muskelversagen – also etwa null bis fünf Wiederholungen davor. In diesem Bereich setzt du genug Trainingsreiz, um Muskelwachstum zu stimulieren, ohne den Körper komplett zu erschöpfen. Heißt: Du trainierst hart, aber smart – und holst das Maximum aus jeder Einheit heraus.

Risiken beim Training bis zum Versagen

Natürlich kannst du gelegentlich bis zum Muskelversagen gehen. Aber Achtung: Dauerhaftes Training am Limit kann Übertraining, Gelenkprobleme und Verletzungen fördern. Vor allem, wenn du ohnehin gestresst bist, schlecht schläfst oder dich ausgelaugt fühlst, ist Muskelversagen eher kontraproduktiv.

Jacob Wackerhausen
gettyimages/South_agency

Nutze Muskelversagen als Werkzeug, nicht als Pflicht

Gerade, wenn du deine Grenzen besser einschätzen willst, kann es Sinn machen, ab und zu bis ans Limit zu gehen. Viele unterschätzen, wie viel noch möglich wäre – ein Satz bis zum Muskelversagen zeigt dir, was "wirklich 100 %" bedeutet. Das hilft dir, in Zukunft dein Training besser zu steuern.

Außerdem trainierst du so deine mentale Härte. Denn klar ist: Wer wachsen will, muss lernen, mit Unbequemlichkeit umzugehen.

Sollten Anfänger ans Limit gehen?

Hier gilt: mit Vorsicht. Für Anfänger ist die Technik oft noch nicht stabil genug, und ein Fehler kann gefährlich werden. Trotzdem kann es sinnvoll sein, gelegentlich an die Grenze zu gehen – aber nur bei sicheren Übungen wie Maschinenübungen. Übungen mit schwerem Gewicht und ohne Spotter (z. B. Bankdrücken) sind dagegen tabu.

Erhöht Muskelversagen den Testosteronspiegel?

Der Mythos hält sich hartnäckig: Wer bis zum letzten Krampf trainiert, kurbelt automatisch seinen Testosteronspiegel an. Doch die Datenlage sieht anders aus. Studien – etwa im Journal of Sport and Health Science – zeigen, dass Training bis zum Muskelversagen keinen verlässlichen Effekt auf den Hormonspiegel hat. Heißt: Dein Testosteron steigt nicht automatisch, nur weil du dich völlig verausgabst.

FAQ: Häufige Fragen zum Muskelversagen