Erschöpft, aber glücklich – jeder Sportler kennt dieses Gefühl nach dem Training. Regelmäßige Bewegung stärkt nicht nur Muskeln und Ausdauer, sondern wirkt auch wie ein Booster für die mentale Gesundheit. Selbst wenn das Workout mal hart ist, fühlt man sich danach energiegeladen, entspannt und zufrieden. Und klar: Jeder hat mal einen Tag, an dem die Motivation fehlt. Dann hilft oft nur eins: Zähne zusammenbeißen und trotzdem trainieren.
Doch genau hier lauert die Gefahr: Wer Warnsignale des Körpers ignoriert, riskiert Überlastung und Verletzungen. Dein Körper spricht mit dir – du musst nur hinhören. Wann eine Pause nicht Faulheit, sondern echtes Training mit Köpfchen ist, erfährst du hier.
Was ist Übertraining überhaupt?
Übertraining bedeutet, dass dein Körper durch zu häufiges oder zu intensives Training dauerhaft überfordert ist. Die Balance zwischen Belastung und Erholung stimmt nicht mehr – Muskeln, Nerven und Hormonsystem geraten aus dem Takt. Wenn du deinem Körper keine ausreichende Regenerationszeit gönnst, kann er sich nicht mehr vollständig erholen.
Typische Anzeichen sind Müdigkeit, sinkende Leistungsfähigkeit, Schlafprobleme oder anhaltender Muskelkater. Auch Reizbarkeit, Lustlosigkeit beim Training oder häufige Infekte können Hinweise sein. Kurz gesagt: Dein Körper steht unter Dauerstress. Ohne bewusste Ruhephasen kann das nicht nur deine Fitness ausbremsen, sondern langfristig auch deine Gesundheit gefährden.
Bei welchen körperlichen Warnsignalen sollten Sportler eine Sportpause einlegen?
Dr. Caroline Werkmeister, Sportmedizinerin am Athleticum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), nennt 7 Arten von Warnsignalen, die ambitionierte Sporttreibende zum Anlass nehmen sollten, über eine Sportpause nachzudenken:
- Körperliche Erschöpfung: Wenn das Training, das bis vor Kurzem noch locker absolviert wurde, plötzlich als physisch sehr anstrengend und ermüdend empfunden wird.
- Ausbleibende Leistungssteigerung: Wenn sich trotz intensivem Training oder optimaler Trainingssteuerung ein Leistungs-Plateau einstellt, möglicherweise häufen sich auch kleinere Verletzungen.
- Mentale Erschöpfung: Wenn es dir über einen längeren Zeitraum schwerfällt, dich zum Sport zu motivieren, dir immer öfter der Antrieb fehlt, dein Trainingspensum zu absolvieren, und du zunehmend lustlos trainierst. Auch eine chronische Müdigkeit gehört dazu. Nervosität, wenn eine Einheit nicht wahrgenommen werden kann.
- Erhöhte Infektanfälligkeit: Wenn bei dir eine Erkältung auf die andere folgt, weist das auf eine Schwächung deines Immunsystems hin. Das kann eine Folge von Übertraining sein und ist ein klares Signal, eine Trainingspause einzulegen.
- Schlafstörungen: Sport erhöht den Pegel des Stresshormons Cortisol und dieses ist ein Gegenspieler des Schlafhormons Melatonin. Ist der Cortisolspiegel durch späte oder sehr intensive Sporteinheiten erhöht, kann das zu Einschlafschwierigkeiten und unruhigem Schlaf führen.
- Magen-Darm-Probleme: Studien belegen: Stress kann entzündliche Reaktionen im Darm auslösen und verstärken. Setzen wir durch zu viele oder zu intensive Sporteinheiten unseren Körper längere Zeit unter Stress, kann das Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt haben.
"Bei all diesen Symptomen stellt sich mir als Sportärztin die Frage, ob die Regenerationszeiten zwischen den Trainingseinheiten ausreichend sind bzw. waren", sagt Dr. Werkmeister.
Wann und warum sind Sportpausen sinnvoll?
Die oben genannten Symptome sind unspezifisch, aber sie alle signalisieren: In meinem Körper ist nicht alles im Gleichgewicht. Und häufig liegt es daran, dass du deinen Körper überforderst.
"Wenn man einen straffen Trainingsplan verfolgt, setzt das den Körper unter Stress", erklärt Dr. Werkmeister. "Übertreibt man es eine Zeit lang mit dem Training, oder kommt privater oder beruflicher psychischer Stress dazu, beeinträchtigt das unseren Cortisol-Stoffwechsel. Die Stresshormone werden verstärkt ausgeschüttet, erzeugen ein hormonelles Ungleichgewicht und können so zum Auslöser für eine nachlassende körperliche und mentale Leistungsfähigkeit werden." Wer dagegen mit noch mehr Sport anarbeitet, schwächt seinen Körper weiter und treibt sich noch mehr ins Leistungs- und Motivationstief.
Studien belegen, dass Übertraining eine Form von Burn-out hervorrufen kann, die durch einen unerklärlichen Leistungsabfall in Verbindung mit einem starken Ermüdungsgefühl gekennzeichnet ist.
Die Sportmedizinerin rät, in stressigen Lebensphasen und beim Auftreten oben genannter Symptome, das Training mindestens einen Gang herunterzuschrauben, bis sich die gesamte Lebenslage entspannt. "Wenn ambitionierte Sportler:innen gehäuft Formtiefs, chronische Müdigkeit und eine unspezifische Verletzungsanfälligkeit bei sich feststellen, sollten sie das ernst nehmen und am besten einmal 14 Regenerationstage einlegen", rät die Sportmedizinerin.
Machst du stattdessen weiter wie bisher, kann es zu einem Übertraining kommen. Dann droht deine Muskulatur abzubauen, dein Immunsystem weniger leistungsfähig zu arbeiten, deine Verletzungsanfälligkeit zu steigen – und deine Trainingsleistung und Motivation immer weiter nachzulassen.
Wie sollte man eine Trainingspause gestalten?
Eine Trainingspause bedeutet nicht, dass du eine komplette Sportpause einlegen musst. Dr. Werkmeister: "Am besten, man probiert in der Zeit einmal etwas ganz anderes oder einen Ausgleichssport aus, zum Beispiel Gymnastik, Yoga, Tai-Chi. Oder geht in die Sauna. Auch entspannte Spaziergänge helfen."
All das wirkt sich positiv auf deinen Stresspegel aus und deine Muskulatur und dein Immunsystem bekommen ausgiebig Zeit zu regenerieren. Du wirst erstaunt sein, wie viel leistungsfähiger du nach einer solchen Sportpause wieder in dein gewohntes Training einsteigen wirst, wie dein Verletzungsrisiko sinkt und auch dein Immunsystem widerstandsfähiger wird.
Ausnahme: Bei viralen Infekten, also z.B. Erkältungs-, Corona- oder Grippe-Infektionen, solltest du körperliche Anstrengungen ganz vermeiden. Generell gilt: "Mit Fieber und Halsschmerzen darf kein Sport getrieben werden, auch wenn dank Ibuprofen oder Antibiotika die Symptome zeitweise überdeckt werden", sagt Dr. Werkmeister. 5 Tage, so der Rat der Expertin, sollte man symptomfrei sein, bevor man wieder ins Training einsteigt. Ansonsten drohen bleibende gesundheitliche Schäden, im schlimmsten Fall eine Herzmuskelentzündung.
Sind häufig auftretende Muskelkrämpfe ebenfalls ein Anlass für Sportpausen?
"Bei Muskelkrämpfen handelt es sich eher um eine akute Überlastung und ggf. Unterversorgung von Elektrolyten", sagt die Sportärztin, "Sie verschwinden in der Regel nicht durch Trainingspausen." Lass stattdessen bei deinem Hausarzt dein Blut auf Elektrolyte checken und supplementiere, falls dir ein Nährstoff fehlt.
Bei welchen Warnsignalen sollten Sportler ärztlichen Rat suchen?
Die meisten der beschriebenen Warnsignale sind unspezifisch und können auch andere Ursachen haben als ein zu intensives Training. Falls es dir nach einer 14-tägigen Regenerationsphase nicht besser geht, macht es Sinn, hausärztlich oder in einer sportmedizinischen Praxis eine Ausschluss-Diagnostik machen zu lassen, also z.B. auf Mangelerscheinungen hin untersuchen und Herz, Blutdruck und die Schilddrüse checken zu lassen. "Je regelmäßiger man sich ärztlich durchchecken lässt, und zwar auch, wenn es einem gut geht, umso mehr Werte sind vorhanden, auf deren Basis der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin die Symptome der Betroffenen einordnen und eine Diagnose stellen kann", sagt Dr. Werkmeister.
Tipp: Viele Krankenkassen unterstützen regelmäßige "Sport-Checks" und erstatten einen Großteil sportmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen, wenn ein von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfohlener Sportmediziner aufgesucht wird. Alle Infos dazu findest du hier
FAQ – Alles rund um Übertraining, Regeneration & kluges Training
Noch bevor deutliche Symptome wie Erschöpfung oder Schlafstörungen auftreten, gibt es subtile Warnzeichen: Du brauchst länger, um dich von Workouts zu erholen, fühlst dich trotz ausreichend Schlaf müde oder bemerkst, dass dein Puls in Ruhe höher ist als sonst. Auch kleine Stimmungsschwankungen oder plötzlicher Heißhunger können Hinweise sein. Spätestens dann heißt es: Trainingsintensität reduzieren und bewusster regenerieren.
Das hängt stark von Trainingsart, Intensität und deinem Fitnesslevel ab. Nach einer besonders harten Einheit reichen oft 48 Stunden, nach einer intensiven Trainingswoche oder einem Wettkampf dürfen es aber auch fünf bis sieben Tage sein. Wichtig ist, auf dein Körpergefühl zu hören: Fühlst du dich wieder leistungsfähig, motiviert und wach, kannst du schrittweise ins Training zurückkehren.
Eine Pause bedeutet nicht Stillstand. Setze in dieser Zeit auf aktive Regeneration – etwa Spaziergänge, leichtes Mobility-Training, Yoga oder Schwimmen. Auch Entspannungstechniken wie Meditation oder Atemübungen helfen, den Cortisolspiegel zu senken und den Körper zu resetten. So bleibst du in Bewegung, gibst deinem Körper aber gleichzeitig den Freiraum, den er braucht, um stärker zurückzukommen.





