Wenn die Wirbelsäule Probleme macht, werden Menschen nervös. Kein Wunder, denn schon kleinste Veränderungen können zu erheblichen Rückenbeschwerden führen. Wie etwa bei einer Verformung der Wirbelsäule, Fachbegriff Skoliose. Du leidest von Kindheit an einer Skoliose oder sie wurde in jüngster Vergangenheit erst diagnostiziert? Kein Grund, zu verzweifeln!
Mit Hilfe des Orthopäden Priv.-Doz. Dr. Timo Zippelius, Leiter der Sektion Wirbelsäule an der Orthopädischen Universitätsklinik Ulm, haben wir dir hier die besten Möglichkeiten zusammengestellt, mit denen du die Rückenschmerzen minimieren kannst und wie du bei der Diagnose Skoliose am besten vorgehst.
Was ist eine Skoliose?
"Die Skoliose ist eine Deformität der Wirbelsäule", erklärt Orthopäde Zippelius. Diese Fehlstellung entsteht durch eine Verformung und Drehung der einzelnen Wirbelkörper. Eine gesunde Wirbelsäule zeigt eine gerade Linie vom Nacken bis zum Gesäß. Bei einer Skoliose hingegen ist eine Verschiebung zur Seite erkennbar. Selbst wenn du versuchst, dich gerade aufzurichten, lässt sich die Seitausbiegung nicht verändern, weil sich deine Wirbelsäule nicht gerade ausrichten lässt. Das kann Schmerzen und Verspannungen verursachen, weil z.B. Muskeln nicht in der Balance oder einseitig verkürzt sind.
Häufig entsteht die Skoliose im Jugendalter, da wird die Skoliose als "aloszent" bezeichnet. Skoliosen, deren Ursache unbekannt sind, bezeichnet man als "idiopathisch".
Woran kann ich eine Skoliose erkennen?
Wenn die Skoliose schon etwas weiter vorangeschritten ist, kannst du im Stand eine Asymmetrie der Taille feststellen. Du erkennst die Fehlstellung auch daran, dass dein Rücken von hinten asymmetrisch aussieht und eine Art "Rippenberg" entsteht, wenn du dich nach vorne beugst und die Arme herunterhängen lässt.
Diese Anzeichen für Skoliose sind dem Schiefstand der Schultern und/oder der Asymmetrie des Rumpfs geschuldet, was wiederum mit der verkrümmten Wirbelsäule zu tun hat. Bei Erwachsenen kann es auch zur Ausbildung eines "Buckels" kommen, erklärt unser Experte. Eine ganz leichte Skoliose ist nur bei genauem Hinsehen, mit Hilfe eines Orthopäden, einer Orthopädin oder einem geschulten Arzt bzw. Ärztin feststellbar.
Welche Ursachen hat die Skoliose?
Die Ursachen für die Ausbildung einer Skoliose sind vielfältig und reichen von angeborenen Fehlbildungen über Muskel- oder Nervenerkrankungen, Schädigungen nach Unfällen bis hin zu Lähmungen oder Infektionen. Überwiegend bleibt die genaue Entstehung jedoch unbekannt.
Frauen und Mädchen leiden häufiger als Männer an einer Skoliose. "Das Verhältnis von Frauen und Männern mit Skoliose ist 4 zu 1", so Dr. Zippelius. Die Gründe für die geschlechterspezifische Verteilung der Krankheit sind nicht bekannt.
Wie behandelt man eine Skoliose?
Wenn du das Gefühl hast, unter einer Skoliose zu leiden, wendest du dich grundsätzlich an fachärztliches Personal im Bereich der Orthopädie. Da schaut man sich dann deinen Rücken genau an und macht ein Röntgenbild.
Wenn man auf dem Röntgenbild feststellt, dass die Krümmung deiner Wirbelsäule den Winkelgrad von 10 Grad überschreitet, spricht man von einer Skoliose. Ab einer Krümmung von 20 Grad beginnen Orthopäden mit der Krankengymnastik und Korsetttherapie, erklärt Dr. Zippelius.
Bei mittelstarken Krümmungen und fortschreitenden Skoliosen wird Jugendlichen und Kindern, zusätzlich zur Krankengymnastik, ein orthopädisches Korsett verschrieben. Das Korsett übt Druck auf bestimmte Stellen an der Wirbelsäule aus. So kann eine weitere Verkrümmung der Wirbelsäule vorgebeugt und im Wachstumsalter sogar korrigiert werden. Das Korsett muss getragen werden, bis die Wirbelsäule vollständig ausgewachsen ist.
Erwachsene können Orthesen tragen, da solltest du dich aber vorher mit deinem Orthopäden bzw. deiner Orthopädin absprechen. Studien haben gezeigt, dass die Orthesen kurz- bis mittelfristig gegen Rückenschmerzen helfen können.
Bei stärkeren Krümmungen, ab 40 bis 45 Grad, muss man im Wachstumsalter über operative Maßnahmen sprechen. Aufgrund der Risiken, die eine Operation mit sich bringt, wird sie nur bei Menschen, die unter einer besonders starken Skoliose leiden, erwogen und durchgeführt, erklärt der Experte.
Was sollte ich bei einer Skoliose vermeiden?
Eines der häufigsten Missverständnisse bei Menschen mit Rücken-Erkrankungen wie Skoliose ist, dass sie jede Art von körperlicher Aktivität vermeiden müssen. "Wenn man eine diagnostizierte Skoliose hat, dann sollte man Sport machen. Am besten kräftigt man bei dieser Sportart auch die Rückenmuskulatur", betont Orthopäde Zippelius.
Natürlich muss jeder Patient in seinen Körper hineinhören und wird feststellen müssen, dass Stoßbelastungen und ruckartige Bewegungen ihm nicht guttun. Es wird keine Sportart verboten, aber natürlich möchte man bei einer verdrehten und gestauchten Wirbelsäule dem nicht auch noch zuarbeiten. Deshalb solltest du laut unseres Experten auf Sportarten wie Marathon-Laufen auf der Straße, schweres Gewichtheben oder Trampolin springen eher verzichten, weil es dort zu stoßartigen und stauchenden Bewegungsabläufen kommt, die deinem Rücken schaden können.
Trotz der relativ häufig vorkommenden Skoliose-OP gibt es wenige Richtlinien für die postoperative Rückkehr zum Sport. In einer Studie von der Pediatric Orthopaedic Association of North America, wurde untersucht, welche Sportarten welche Schonungszeit erfordern. Laut dieser Studie solltest du ungefähr 4 Monate nach der OP deinem Körper Ruhe geben, um danach wieder problemlos joggen zu können. Bei Sportarten, wo du mit anderen Menschen kollidierst, wie beim Boxen etwa, wird es dir empfohlen, am besten 9 Monate abzuwarten.
Welche Sportarten eignen sich besonders für den Rücken?
Du solltest Spaß an deinem Sport haben, empfiehlt auch Dr. Zippelius seinen Patienten. Wenn Joggen dein Ding ist, spricht auch nichts dagegen. Bei jeder Aktivität mit Skoliose gilt, dass du sie nur so lange ausübst, wie sie dir auch guttut.
Zudem gibt es Sportarten, die speziell bei Rückenschmerzen helfen können. Besonders empfiehlt unser Experte Rückenschwimmen, das ist der ideale Sport zur Therapie und Prävention von Wirbelsäulenschäden. Kinder wie Erwachsene können auch mal Reiten ausprobieren, denn "das aufrechte Sitzen, die Bewegung auf dem Pferd, das kann die Rückenschmerzen lindern", sagt der Orthopäde. Dazu eignen sich Radfahren oder Nordic Walking als rückenschonende Sportarten.
Wie sollte mein Trainingsplan bei einer Skoliose aussehen?
"Rückentraining im Fitnessstudio ist ebenfalls sehr sinnvoll, da es dort vielen Menschen leichter fällt, dies kontinuierlich durchzuführen", sagt Orthopäde Zippelius, "Denn genau darum geht es, um die Regelmäßigkeit." Wurde bei dir eine Skoliose festgestellt, empfiehlt sich ein gezieltes Krafttraining, so kannst du muskulären Dysbalancen vorbeugen.
Training an der Maschine oder freies Training? Das ist auch im Fall einer Skoliose eine Frage der persönlichen Präferenz. Ein Gerätetraining ist bei einer Skoliose etwas ungefährlicher und das Verletzungsrisiko niedriger, da die Führung an den Maschinen dich vor einer falschen Ausführung hindert. Erfahrene Kraftsportler können auch ruhig komplexere freie Grundübungen in ihr Training integrieren.
Egal, für welche Art von Training du dich entscheidest: Vorsicht ist geboten! Besonders bei Übungen, bei denen die Wirbelsäule stark belastet wird. Wichtig ist, dass du die Übungen sauber ausführst. Zudem empfiehlt sich eine Aktivierung der beteiligten Muskeln im Aufwärmtraining. Du solltest schon beim Warm-up die Muskeln spüren, die du auch später trainieren willst, damit du später nicht versehentlich deine Wirbelsäule überlastest.
"Wünschenswert wäre ein regelmäßiges Training, zweimal die Woche, ungefähr 90 Minuten insgesamt", so unser Experte. Achte bei deinen Sessions darauf, nicht zu schwer zu heben und stattdessen auf viele Wiederholungen zu setzen. Wichtig beim Training mit Rückenschmerzen ist die "Core Stability. "Die Muskulatur im Rumpf und der Lendenwirbelsäule spielt für die Stabilität im Alltag eine tragende Rolle", erklärt Dr. Zippelius. Deinen Rumpf und die Lendenwirbelsäule kannst du mit gezielten Übungen stabilisieren und stärken.
Die Top 3 Rücken-Übungen
Wir haben unseren Experten nach seinen Übung-Tipps für zu Hause auf deiner Gymnastikmatte und im Fitnessstudio gefragt. Hier kommen seine Favoriten:
1. Beckenheben
Das Beckenheben, auch als "Brücke" bekannt, ist eine der Übungen, die dir wirklich bei den, durch die Skoliose geschuldeten, Rückenschmerzen weiterhelfen. Sie stärkt deine Bauchmuskulatur und dient zugleich der Rehabilitation von Rumpfinstabilität und Kreuzschmerzen.
Bewegungsablauf:
- Leg dich zunächst auf den Rücken, beuge die Knie und stelle die Füße flach auf den Boden.
- Spann als Nächstes deine Bauchmuskeln an und achte darauf, dass dein Rücken gerade auf dem Boden liegt.
- Heb dein Becken zur Decke und halte diese Position 5 Sekunden lang.
- Senke das Becken wieder auf den Boden ab und führe 2 Sätze mit je 10 Wiederholungen durch.
2. Bauchpresse
Die Bauchpresse ist eine Übung, die die Körpermitte stabilisiert. Also den Bereich, der die gesamte Bauchregion und den unteren Rücken umfasst. Dieser Bewegungsablauf hilft dabei, die Körperhaltung zu verbessern.
Bewegungsablauf:
- Lege dich auf den Rücken, beuge die Knie und stell die Füße flach auf den Boden.
- Halte deinen Rücken in einer neutralen Position, damit du keine Spannung spürst.
- Hebe dann beide Unterschenkel in einem 90-Grad-Winkel an.
- Drücke nun mit den Händen die Knie nach unten und spanne gleichzeitig deine Bauchmuskeln an. Drücke die Knie in die Hände, sodass du eine statische Übung durchführst. Einfach ausgedrückt: Weder die Beine noch die Arme sollten sich beim Drücken bewegen; sie sollten nur angespannt sein, damit auch der Bauch angespannt ist.
- Halte diese Position 3 volle Atemzüge lang und entspanne dich.
- Führe dann 2 Sätze mit jeweils 10 Wiederholungen durch.
3. Der Supermann
Wenn du unter einer Skoliose leidest, kannst du diese Übung super in deine Fitnessroutine aufnehmen. Das Arm- und Beinheben hilft dir bei der Stärkung der stabilisierenden Muskeln des unteren Rückens. Dazu ist die Übung als Hilfsmittel zur Verringerung der Wirbelsäulenermüdung gut geeignet.
Bewegungsablauf:
- Lege dich zunächst mit dem Gesicht nach unten auf den Boden.
- Strecke anschließend deine Arme über den Kopf und lege die Handflächen flach auf den Boden.
- Vergewissere dich, dass deine Beine gerade sind, und hebe, ausgehend von dieser Position, einen Arm hoch. Hebe gleichzeitig das Bein der anderen Seite an.
- Halte diese Position für 1 oder 2 volle Atemzüge, lasse dich auf den Boden herab und wiederhole die Übung mit dem gegenüberliegenden Arm und Bein.
- Übe zirka 15 Wiederholungen mit jeder Seite aus.
Gezielte Übungen können den Kurvenverlauf der Wirbelsäule laut Studien nachweislich verbessern. Auch wenn bei dir eine Krümmung zwischen 10 und 25 Grad festgestellt wurde.
Was kann ich im Berufsalltag beachten?
8 Stunden im Büro sitzen ist auch ohne eine Skoliose nicht gut für den Rücken. Versuche, mehr Bewegung im Berufsalltag zu integrieren. Gehe in der Mittagspause eine größere Runde spazieren und achte darauf, dass du dich öfter von deinem Sitz löst. Sei es auch nur, um dir einen Kaffee zu holen. "Gymnastikbälle im Büro sind auch eine gute Idee, um noch mehr Bewegung reinzubringen", fügt Dr. Zippelius hinzu.
Besonders empfiehlt der Orthopäde dir die Anschaffung ergonomischer Büromöbel. Viele seiner Patienten schwärmen von den höhenverstellbaren Tischen und Stühlen. Wenn du keine Möglichkeit hast, dich in deinem Office frei einzurichten, eignet sich auch ein höhenverstellbarer Tischaufsatz. Abwechselnd im Stehen und Sitzen zu arbeiten, hält dich wach und tut deinem Rücken gut.
Die Ergebnisse der Studie des Fraunhofer Instituts beweisen ganz deutlich, die vorteilhaften Auswirkungen der Verwendung von höhenverstellbaren Arbeitsflächen. Die Probanden berichten davon, dass die ergonomischen Büromöbel sowohl den Komfort im Office steigern, als auch die persönliche Produktivität am Arbeitsplatz.
Ergonomische Stühle für dein Office
Bei Rückenbeschwerden wird das Sitzen auf der Arbeit ganz schnell zur Qual. Mit ergonomischen Stühlen kannst du nicht nur den Rückenschmerzen vorbeugen, sondern auch die Symptome lindern.
Achte bei dem Kauf deines nächsten Bürostuhl darauf, dass er deine natürliche Sitzhaltung unterstützt, du ihn an deine Körpergröße anpassen kannst und dir eine dynamische Sitzweise ermöglicht, damit du schön in Bewegung bleibst. Hast du Schwierigkeiten den richtigen Stuhl zu finden? Hier haben wir für dich geeignete Bürostühle aufgelistet:
1. Der Sitzhocker

Dieser ergonomische Sitzhocker folgt dank der abgerundeten Standfläche jeder einzelnen Bewegung deines Körpers. Der Druck auf die Bandscheiben wird durch diesen Stuhl beim Sitzen gemindert und die Blutzirkulation gefördert. So sorgt der höhenverstellbare Sitzhocker für ein aktiveres und somit gesünderes Sitzen.
2. Der Bürostuhl mit Nackenlehne

Ciao, Nackenschmerzen! Dieser Bürostuhl ist Wellness für den Nacken
Was diesen Bürostuhl so besonders macht, ist die Nacken- und Lendenwirbelstütze. Dieser Stuhl ist nach der Struktur der Wirbelsäule entworfen und mit einer Armlehne ergänzt. Die Rückenlehne und die Sitzhöhe kannst du individuell an deine Bedürfnisse anpassen.
3. Der Bürostuhl mit Synchronmechanik

Die Synchronmechanik von diesem Stuhl ermöglicht Skoliose-freundliches Sitzen durch synchrone Bewegungen von Rückenlehne und Sitzfläche. Der Office-Stuhl folgt deinen Bewegungen von hinten nach vorn und sorgt so dafür, dass du aktiver sitzt. Der Stuhl lässt sich auch an dein Gewicht und deine Größe anpassen.
Leben mit einer Skoliose
Sport und Bewegung können eine Skoliose nicht aufhalten, sind aber als begleitende Behandlung sinnvoll. Sie können dein allgemeines Wohlbefinden und deine Fitness verbessern, die Rückenmuskulatur stärken und helfen, Rückenschmerzen vorzubeugen. Wenn du allein mit Sport nicht weiter kommst, solltest du einen Termin bei deinem Physiotherapeuten bzw. deiner Physiotherapeutin machen. Er oder sie zeigt dir speziell für Skoliose-Patienten entwickelte Streck-, Haltungs-, Atem- und Kräftigungsübungen.
Bei all den Herausforderungen, die eine Skoliose mit sich bringt, ist es wichtig, dass du dir klarmachst, dass die Skoliose eine gut behandelbare Erkrankung ist. Auch in schwierigen Phasen ist es hilfreich, positiv zu denken und optimistisch zu bleiben.
Fazit: Mit den richtigen Bewegungen und Tipps lassen sich die Rückenschmerzen lindern
Skoliose mag auf den ersten Blick beängstigend wirken, aber mit der richtigen Behandlung und etwas Bewegung lässt sich gut damit leben. Ein Orthopäde oder eine Orthopädin können dir helfen , den besten Weg zu finden – sei es Physiotherapie, ein Korsett oder in manchen Fällen eine OP. Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren sind super, um den Rücken zu stärken. Auch im Büro helfen ein paar Tricks, deinen Rücken zu entlasten. Also, bleib optimistisch: Mit der passenden Unterstützung und etwas Geduld kannst du dich trotz Skoliose rundum wohlfühlen.
Erwähnte Quellen:
Jeb McAviney et al. (2020): A systematic literature review of spinal brace/orthosis treatment for adults with scoliosis between 1967 and 2018: clinical outcomes and harms data. BMC Musculoskeletal, https://doi.org/10.1186%2Fs12891-020-3095-x, zuletzt abgerufen am 10.10.2024
Dedi Ho et al. (2021): Getting Them Back in the Game: When Can Athletes With Adolescent Idiopathic Scoliosis Safely Return to Sports? A Mixed-effects Study of the Pediatric Orthopaedic Association of North America. Journal of pediatric orthopedics, https://doi.org/10.1097/bpo.0000000000001902, zuletzt abgerufen am 10.10.2024
Delong Liu et al. (2020): Effects of Specific Exercise Therapy on Adolescent Patients With Idiopathic Scoliosis. Spine, https://doi.org/10.1097%2FBRS.0000000000003451, zuletzt abgerufen am 10.10.2024