Eishockey ist eine Sportart, in der man einstecken können muss. Der 27-jährige Eishockey-Profi Jan Neuenschwander, der gerade vom EHC Biel zum SC Bern gewechselt ist, hatte damit bisher wenig Probleme. Er ist harte Bodychecks gewohnt, arbeitet regelmäßig im sportphysiologischem Grenzbereich und auch die ein oder andere Gehirnerschütterung gehört zu seinem Leben als Eishockey-Profi. Doch die Attacke, die den Stürmer dieses Jahr erwischte, hätte er selbst mit der größten spielerischen Erfahrung nicht vorhersehen können – er infizierte sich mit dem neuartigen Virus SARS-CoV-2. "Es war kein Schock, als der Mannschaftarzt mir das Ergebnis mitteilte, denn unser Trainer war auch schon positiv getestet", erklärt Neuenschwander. "Ein Schock war aber, dass das Virus so schnell und nah bei uns war". Auch viele seiner Mannschaftskollegen erkrankten. In voller Montur und abgeschottet in der Halle haben Viren bei Eishockeyspielern wohl wenig Chancen. Doch ist die Schutzbekleidung in der dunstig-warmen Umkleidekabine abgelegt, ist eine Ansteckung mit dem aggressiven Virus bei normalem Abstand der Spieler zueinander fast unvermeidlich.

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Auch junge Sportler können zur Risikogruppe gehören
"Die größte Sorge machte mir die Ungewissheit“, sagt Neuenschwander. Eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus kann sehr unterschiedlich verlaufen. Ein junger, gesunder und sportlicher Mann muss nicht zwangsläufig mit einem schweren Verlauf rechnen. Doch bei Jan Neuenschwander sieht das etwas anders aus. Der Schweizer mit schwedischen Wurzeln ist Diabetiker und gehört damit theoretisch zur Risikogruppe. Seit seinem vierten Lebensjahr spritzt er sich Insulin. Auch ohne Infektion muss Neuenschwander beim Sport besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen. Unter seiner Ausrüstung versteckt sich eine Insulinpumpe. Während Spielpausen kontrolliert er in der Kabine seinen Blutzuckerspiegel, denn das freigesetzte Adrenalin könnte gefährlich werden. Ein Hindernis war die Krankheit in seiner Karriere aber nie, sie ist ein Teil von ihm, mit dem er sich gut arrangiert.

Bis Covid-19 ihm Sorgen machte. "Man liest viel und das kann sehr verunsichern. Deswegen habe ich mich auf der Homepage der Diabetes-Gesellschaft Schweiz informiert. Das hat mich beruhigt“, erklärt Neuenschwander. Zwar stuft das Robert-Koch-Institut (RKI) Menschen mit Diabetes als Risikogruppe ein, aber davon sind eher Diabetiker vom Typ 2 mit Folgeerkrankungen betroffen. Neuenschwander hat Diabetes Typ 1. "Wenn seine Zuckerwerte gut eingestellt sind und er auch noch keine Folgeschäden des Diabetes, zum Beispiel an den Gefäßen hat, zählt er nicht zu einer Risikogruppe", erläutert auch Professor Andreas Nieß, Chef der Sportmedizin am Uniklinikum Tübingen. Der Mediziner veröffentlichte, gemeinsam mit anderen Sportmedizinern, das Positionspapier "Return to sport". Das Papier des Wissenschaftsrates der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin (DGSP) und der medizinischen Kommission des DOSB beschäftigt sich mit Folgen einer Infektion und damit, ob nach durchgemachter Erkrankung ein Wiedereinstieg in Trainings- und Wettkampfbelastungen ohne Risiko möglich ist.

Folgeschäden durch Covid-19 für Sportler nicht ausgeschlossen
Bei Jan Neuenschwander begann alles mit einem unangenehmen Druck auf der Brust. "In der Nacht bekam ich Fieber und Schüttelfrost. Am nächsten Tag hatte ich starke Gliederschmerzen“, sagt er. Auch Husten kam dazu und das Atmen fiel ihm schwer. Der Druck auf der Brust nahm etwa nach 4 bis 5 Tagen ab, aber Neuenschwander fühlte sich noch immer schwach. Hinzu kam eine große psychische Belastung: "Man weiß einfach sehr wenig über das Virus. In der Quarantäne hat man viel Zeit, im Internet zu recherchieren. Man liest viele verschiedene Meinungen und dann geht das Kopfkino los. Ich fragte mich: Bekomme ich auch eine Lungenentzündung?“, sagt Neuenschwander. Durch Artikel, die darüber berichten, dass durch eine Covid-19-Infektion das Lungenvolumen sinken könne oder die Lunge vernarbe, wuchs beim Sportler anfangs die Sorge, dass auch die sportliche Leistungsfähigkeit leiden könnte. Auch Mediziner können noch nicht viel über mögliche Folgen, jedoch über Wahrscheinlichkeiten, sagen. "Nach bisherigen Erkenntnissen kann eine Covid-19 Infektion zu einer Mitbeteiligung wichtiger Organsysteme wie Herz und Lunge führen", erklärt Professor Nieß.
Nach etwa einer Woche ging es dem Profisportler etwas besser, er versuchte sich mit Yoga zuhause. Ein Fehler: Denn am nächsten Tag ging es ihm wieder schlechter. Erst nach 16 bis 17 Tagen fühlte er sich wieder in der Lage, zu joggen und zu biken. "Aber das war wohl auch etwas zu viel. Denn ich spürte nach einer Woche wieder einen Druck auf der Brust. Ich merkte, dass das Virus die Lunge doch mehr schädigt als gedacht und es länger dauern wird, bis es wieder so wird, wie früher“, so der Sportler. Neuenschwander reduzierte das Training erneut stark und senkte die Intensität nochmals deutlich.
Sport mit Covid-19: auch ohne Symptome ein Risiko
Ob er wollte oder nicht, Neuenschwander konnte nicht in einem für ihn normalen Umfang trainieren. Doch auch symptomfreie Verläufe von Covid-19 können die sportliche Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. "Wir haben noch keine Langzeitverläufe. Allerdings gibt es Hinweise von einzelnen Patienten, die keinen schweren Verlauf hatten und dennoch anschließend Lungenveränderungen, die zumindest erwarten lassen, dass diese die Leistungsfähigkeit einschränken könnten", erklärt der Sportmediziner.
Gehen Sportler also auch ein Risiko ein, wenn sie nichts von ihrer Infektion wissen? "Das lässt sich ebenfalls derzeit schwer beantworten. Wir raten in unserem Positionspapier symptomfreien Sportlern mit positivem Virusnachweis, dass sie für 2 Wochen nicht intensiv trainieren sollen. Hintergrund ist zum einen, dass man noch zu wenig darüber weiß, ob in einer solchen Situation nicht doch eine Organbeteiligung vorliegt. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass harte Belastungen, insbesondere mit einer hohen Beanspruchung des Herzkreislaufsystems, den Infektionsverlauf ungünstig beeinflussen können", erläutert Nieß. Mediziner in Innsbruck stellten durch funktionale Lungentests bei Tauchsportlern schwere Schäden durch Covid-19 fest. Obwohl sie keinen schweren Krankheitsverlauf hatten, können sie ihren Sport nun erst einmal nicht mehr ausüben. Ob diese Schäden irreversibel sind, muss nun noch erforscht werden.

Nach Corona-Infektion: Wann wieder trainieren?
Als die Eishockey-Saison auch in der Schweiz abgebrochen wurde, war auch für Jan Neuenschwander das Training nicht mehr Priorität 1. Nach dem Rückfall nahm er sich nochmal eine Woche Zeit zur Erholung. "Dann habe ich wirklich sehr langsam begonnen, mit niedriger Intensität – nur mal Rumpftraining, ein wenig Yoga oder locker joggen gehen. Und das von Woche zu Woche sehr langsam gesteigert", sagt er. Bis er wieder intensiv trainieren konnte, verging wieder fast ein Monat. "Das Sommertraining hat bei uns erst im Mai und sehr individuell begonnen. Deswegen nahm ich mir die Zeit, um mich langsam zu steigern. Das war wohl die richtige Entscheidung", resümiert der Stürmer.
"Da es aus ärztlicher Sicht noch nicht viele Erkenntnisse und Erfahrungen gibt, hatte ich wenige Ratschläge, wie man wieder ins Training einsteigt. Es war mehr so: wenn du dich wieder gut fühlst und keine Symptome hast, dann kannst du langsam wieder anfangen. Jetzt im Nachhinein hätte ich vielleicht noch ein bisschen länger warten sollen. Der Druck, dass man schnell zurückkommen muss, ist eben als Spitzensportler immer da. Man muss wieder trainieren, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ich denke, ich habe einen guten Mittelweg gefunden, indem ich mit niedriger Intensität angefangen habe. Sonst habe ich nichts Besonderes beachtet, da auch nichts vorgeschrieben oder empfohlen wurde. Das war nicht ganz einfach“, erklärt Neuenschwander.
Welche Bedingungen müssen aus ärztlicher Sicht gegeben sein, damit ein Sportler sein Training wieder aufnehmen kann? "Er muss symptomfrei sein, also insbesondere fieberfrei, keinen Husten mehr haben und auch sonst sollten keine Beschwerden mehr vorliegen. Wer eine Covid-19-Infektion hatte, sollte sich vor dem Einstieg in ein Training oder gar in Wettkämpfe ein ärztliches 'Go' einholen", rät Nieß. Die Handlungsempfehlungen im Positionspapier besagen, dass die Dauer der Sportpause entsprechend des Schweregrads der Erkrankung ausfallen sollte: mindestens 2 Wochen bei symptomfreiem Verlauf, 2 bis 4 Wochen bei Symptomen, mindestens 4 Wochen bei einer Lungenentzündung. Tritt sogar eine Herzmuskelentzündung auf, verlängert sich die Pause auf mindestens 3 Monate. Das gilt für Spitzensportler genauso wie für Freizeitathleten.
Wie steht man als Spitzensportler so eine Situation durch?
Jan Neuenschwander hatte in der Quarantäne eine große Stütze: seine Freundin, die ebenfalls erkrankt war. Sie hat ihm geholfen, mit Druck und Ungewissheit umzugehen. Er hat sich viel per Telefon mit Teamkollegen ausgetauscht, Nachbarn gingen für ihn einkaufen. Und irgendwann entschloss er, keine News mehr zu lesen, um positiv zu denken und sich nicht weiter verunsichern zu lassen. Trotzdem war die Zeit hart: "2 Wochen zuhause in denen man nicht raus darf, das geht schon an die Substanz. Gerade wenn man intensiv Sport macht. Von 100 auf weniger als Null herunterzufahren, das ist nicht einfach", sagt er.
Jetzt ist Jan Neuenschwander wieder auf dem Eis und trainiert wie vorher: "Ich habe jetzt noch mehr als genug Zeit bis die Saison wieder losgeht". Trotzdem ist es aktuell aufgrund der Beschränkungen noch ungewiss, ob er im September in Bern vor 16.000 Menschen spielt und ihm Fans aus der Stehplatzkurve zujubeln dürfen. Aber er ist glücklich, die Infektion gut überstanden zu haben und hat daraus auch gelernt, dass der Körper für bestimmte Dinge einfach mehr Zeit braucht, um sich zu regenerieren. Auch was die Spätfolgen der Infektion angeht, ist der Stürmer zuversichtlich. Denn er fühlt sich leistungsfähig und spürt keine Beeinträchtigungen. "Die Zukunft wird es zeigen. Ich werde sicher nochmal einen Lungentest machen und mit den Ergebnissen von früher vergleichen, um Klarheit zu schaffen."
Es heißt, Eishockeyspieler müssen hart im Nehmen sein. Die physischen und mentalen Anforderungen sind hoch wie bei kaum einer anderen Sportart. Die Spieldichte fordert, dass die Sportler stets in bestmöglicher Verfassung sind. Das Vertrauen in die eigene Leistung ist dabei meist der Erfolgsfaktor eines Spielers. Eishockey-Profi Jan Neuenschwander hat sich das Vertrauen in sein Können auch von Covid-19 nicht vermiesen lassen. Und die Liebe zum Sport kann ein Virus – egal wie aggressiv er ist – schon erst recht nicht erschüttern.

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