
1. Kein Fleisch: leichter als gedacht
Unser Grafiker Steffen Budke ließ vier Wochen lang Wurst und Fleisch links liegen - nicht ohne Frust, aber mit nachhaltiger Wirkung
Ich bin Fleischesser solange ich denken kann. Mein Vater behauptete immer, ein Essen ohne Fleisch sei keine richtige Mahlzeit. Ich habe das nie wirklich in Frage gestellt. Bei einem Telefonat mit meiner Schwester erinnere ich mich aber daran, dass ich als Kind gar kein Fleisch essen wollte. Ich ekelte mich regelrecht davor. Meine Mutter musste es im Gemüse verstecken, damit ich überhaupt etwas runterbekam. Wusste ich damals vielleicht instinktiv, was gut für mich ist? Auf jeden Fall Grund genug, es mal ganz ohne Fleisch zu probieren. Am ersten Tag motiviere ich mich widerwillig zum Einkauf. Ich schiebe meinen Wagen frustriert vorbei an Wurstregalen und Kühltruhen voll Filets, Koteletts und Steaks. Tatsächlich verursacht laut einer japanischen Studie die Produktion von einem Kilo Rindfleisch ganze 36 Kilo Kohlendioxid – und belastet das Klima damit so stark wie 250 Kilometer Autofahrt. Also biege ich in die Veggieabteilung ab. Ich finde mich zwischen vielen bunten Gläschen und Dosen wieder. Darin: Aufstrich aus Champignons, Paprika, Tomaten und Porree. Danach folgt noch ein ausgiebiger Ausflug in die Gemüseabteilung. Die frische Auswahl stimmt mich doch noch fröhlich. Natürlich achte ich auch auf Regionalität: Erstens verliert Obst und Gemüse durch lange Lagerung und Transport viele Vitamine und Nährstoffe, zweitens ist das Essen von nebenan auch besser fürs Klima, da es nicht um den halben Erdball geschippert werden muss. Im Überschwang kaufe ich dann sogar Hafer- statt Vollmilch.
"Das meiste schmeckt ganz lecker, und macht satt - aber irgendwie fehlt mir der Genuss beim Essen"
Am nächsten Morgen decke ich den Tisch besonders schön. Ich richte all die kleinen, neuen Errungenschaften in kleinen Schüsseln an, streiche sie auf mein Brötchen und koste. Das meiste schmeckt ganz lecker, und macht satt – aber irgendwie fehlt mir der Genuss beim Essen. Auch verputze ich die ersten Tage fast doppelt soviel wie normalerweise. Erst mit der Zeit scheint sich mein Körper auf die neue Ernährungsweise eingestellt zu haben und die Maßlosigkeit legt sich. Nach ungefähr 2 Wochen gehe ich mit einer Kollegin mittags zum Asiaten. Ich bestelle Pho mit Tofu. Doch irgendwas ist anders. Ich schaufle die Suppe in Windeseile in mich rein. Dabei hatte ich nicht mehr Hunger, als an anderen Tagen. Ich werfe nochmal einen Blick auf die Karte: Die Pho wurde mit Rinderbrühe zubereitet. Offenbar lässt der Geschmack von Fleisch mich wieder gierig werden. Die übrige Zeit verläuft ohne Ausrutscher und mein Verzicht fällt mir kaum noch auf. Insgesamt fühle ich mich in den folgenden Wochen leichter, was sich auch auf der Waage bemerkbar macht: am Ende habe ich knapp 6 Kilo abgenommen, ohne dafür gehungert zu haben.
Fazit: Es geht auch ohne Fleisch
Am ersten Abend nach der Challenge holen meine Freundin und ich uns Lahmacun mit Hähnchenfleisch. Nachdem wir aufgegessen haben stellt sich die erhoffte Befriedigung aber nicht ein. Vielmehr bin ich ernüchtert, wieder in mein altes Essverhalten zurückgefallen zu sein. Seit dem Selbstversuch lebe ich zwar nicht komplett vegetarisch – in meinem Kühlschrank befindet sich allerdings bis heute kein Fleisch mehr.

2. Kein Auto - aus dem Verkehr gezogen
Zum Kindergarten, Supermarkt, ins Gym - unser Redaktionsleiter Arndt Ziegler fährt (zu) oft Auto. Bis jetzt! Vier Wochen bleibt er autofrei - so liefs:
Eines vorweg: ich fahre eigentlich ungerne Auto und nutze, wann immer es geht, das Fahrrad. Und trotzdem greife ich noch relativ häufig auf unseren Wagen zurück. Zu oft, wie ich finde. Aber manchmal ist es einfach zu verlockend, siegt die Bequemlichkeit. Wenn es mal wieder wie aus Eimern schifft (und ja,
in Hamburg regnet es sehr, sehr oft), ich Wasserkisten besorgen oder morgens meinen Sohn zur knapp 8 Kilometer entfernten Kita bringen will – dann steige ich leider regelmäßig ins Auto statt den Anhänger ans Bike zu koppeln und loszuradeln. Das nervt mich selbst, weil ich weiß, dass Rad- aus so vielerlei Gründen besser ist als Autofahren.
Insofern habe ich mich schnell bereit erklärt, für diese Geschichte einen Monat aufs Auto zu verzichten. Denn natürlich ist mir auch klar, dass jedes Mal Rad statt Auto nicht nur mich fitter macht und im überfüllten Stadtverkehr oft die schnellere Variante ist, sondern dass es eben vor allem auch die Umwelt schont. Und das nicht zu knapp. Denn trotz aller Bemühungen der Automobilindustrie, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu bauen: Laut Umweltbundesamt ist der Verkehr für knapp 40 Prozent der Emissionen von Stickstoffoxiden in der Luft verantwortlich – Hauptverursacher ist der motorisierte Stra- ßenverkehr. Gerade in Großstädten wie meiner Wahlheimat Hamburg, wo der Verkehr dicht und der Treibstoffverbrauch durch ein stetiges Stop-and-Go erhöht ist, ist die Umweltbelastung durch Autoabgase besonders hoch.
Meine persönliche „No-car-Challenge“ lässt sich relativ entspannt an. Der Weg morgens zur Kita geht mit dem Rad meist tatsächlich schneller als mit dem Auto, mein Sohn kriegt Kopfhörer auf und muss so auf seine geliebten Morgens-im-Auto-Hörspiele nicht verzichten. Kleine Probleme wie diese sind schnell gelöst, der ganz normale Alltag lässt sich für mich easy mit dem Bike bewältigen, das merke ich schnell. Ich weiß aber natürlich auch, dass es mein Vorteil ist, dass ich mitten in der Stadt wohne und die Wege kurz sind. Viel schwerer ist es für die Leute, die täglich 20, 30 und mehr Kilometer zur Arbeit fahren müssen. Schwer macht es mir dagegen das Hamburger Wetter. Von den 30 Challenge-Tagen regnet es (kein Witz!) an 24. Aber wie sagen die gebürtigen Hamburger unter meinen Kollegen so schön: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechtes Equipment.
"Insgesamt fällt mir der Verzicht aufs Auto nicht schwer - nur nach dem harten Leg Day im Gym verfluche ich mein Rad!"
Im Laufe des Monats merke ich, dass es in meinem Fall tatsächlich einzig Bequemlichkeit gewesen ist, dass ich bislang regelmäßig mit dem Auto statt mit dem Rad gefahren bin. Denn ganz ehrlich: Das Auto bringt für mich keinen einzigen echten Vorteil. Im Gegenteil: Das Radeln hält mich merklich fit, ich komme frischer im Büro an, starte voller Energie in den Tag. Zudem spare ich Geld und Nerven, der Hamburger Stadtverkehr hat es in der Rush Hour echt in sich. Na klar, Pakete mit dem Radanhänger zur Post zu bringen ist anstrengender als sie schnell im Kofferraum zu verstauen. Und ja, nach dem harten Leg Day im Gym habe ich mich auch nach dem Auto gesehnt.
Fazit: In Zukunft bleibt das Auto öfter stehen
Insgesamt ist mein Fazit durchweg positiv, sodass ich künftig noch etwas öfter aufs Auto verzichten werde. Ausnahmen gibt es immer, aber diese Art Verzicht ist in meinen Augen der einfachste Weg, auf persönlicher Ebene einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

3. Kein Plastik: Hundert Prozent Lust auf zero waste
Weniger Abfall bedeutet mehr Arbeit. Unser Stellvertretender Chefredakteur Marco Krahl packte dieses Problem trotzdem an - und packt hier aus
Ich will nicht pessimistisch klingen, aber: Uaaah, die Welt geht unter. In Müll. Im Jahr 2050 wird es mehr Plastik im Meer geben als Fische, schätzen Ökologen. Schon jetzt landen jährlich 10 Millionen Tonnen Abfall in den Ozeanen. Okay, Müll aus Deutschland ist kaum dabei, versichern Experten: Rund 90 Prozent stammen aus zehn Flüssen in Asien und Afrika. Aber nicht ohne Grund heißt es: Jeder kehrt vor seiner eigener Tür. Und weil mir der Müll, den wir täglich ansammeln, sowieso ziemlich stinkt, will ich die nächsten vier Wochen möglich wenig davon produzieren, und stattdessen auf Recycling, Abfallvermeidung und Wiederverwendung setzen – auf Neudeutsch auch gern Zero Waste genannt. Kein leichtes Unterfangen. Das Problem fängt ja gleich nach dem Aufstehen an. Schon unter der Dusche greife ich zum ersten Mal zu einer Plastikverpackung – in Form meines Duschgels (von den enthaltenen Mikroplastikpartikelchen will ich gar nicht reden). Um mein Gewissen reinzuwaschen, nehme ich fortan ein simples Seifenstück, so wie’s schon mein Opa getan hat. Klar, Duschgels sind bequemer, die Seife rutscht mir jeden Morgen mindestens fünfmal aus der Hand, aber hey, was soll’s #ErstesWorkoutDesTages.
"Ich gehe durch die Regalreihen meines Supermarktes und weiss nicht mehr, was ich überhaupt noch kaufen kann."
Alternativen zu Deo-Roller, Rasiergel und Co. aufzählen, stattdessen gehe ich aber lieber in die Küche, wo mir beim Öffnen des Kühlschranks die ganze Tragweite des Problems bewusst wird: Der Inhalt besteht im Grunde mehr aus Verpackungen als aus Essbaren. Noch drastischer ist nur der Besuch eines herkömmlichen Supermarkts. Wer einmal mit den Bewusstsein durch die Regalreihen geht, möglichst wenig Plastik in den Einkaufskorb zu legen, wird schier verzweifeln, auch wenn immer mehr Supermärkte dagegenarbeiten und zum Beispiel auf Plastiktüten verzichten! Die Lösung dieses Problems ist kleinteilig:
1. Bevorzugt auf Wochenmärkte gehen oder in Bio-Läden. Die achten in der Regel darauf, Müll zu minimieren. Inzwischen gibt’s mancherorts sogar Geschäfte, die ganz auf Verpackungen verzichten (Stichwort unverpackt).
2. Stets eine Tasche mitnehmen, wenn man einkaufen geht, am besten auch Gemüsenetze.
3. Wenn man die Wahl hat (wie bei Jogurt), Glas statt Plastik wählen, selbst wenn man ahnt, dass auch das nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Zudem verdreifacht sich das Pfandaufkommen und man muss noch öfter zum Supermarkt, um das ganze Zeug zurückzubringen (#ZweitesWorkoutDesTages).
4. Wenn man doch was in Plastik gekauft hat, am besten den Müll gleich im Laden lassen - vermeidet keine Abfallberge, setzt aber ein Zeichen und die Food-Konzerne in Zugzwang.
5. Ich könnte die Liste unendlich weiterführen. Hier ist dafür leider kein Platz, in Büchern schon, zum Beispiel „Schluss.Mit.Plastik“ von Martin Dorey (Heyner, um 10 Euro). Dass Zero Waste kein Projekt für vier Wochen ist, sondern eher eine Lebensaufgabe, begreife ich als ich eines Tages sehe, wie ein Mann die Hinterlassenschaft seines Hundes mittels einer kleinen Plastiktüte entsorgt. Schon paradox! Man nimmt etwas, was eigentlich auf natürliche Art verrottet und wickelt es in Plastik.
Fazit: Es geht kaum noch ohne Plastik
Wer wirklich plastikfrei leben möchte, wird merken, dass es gar nicht so einfach ist - dennoch ist es möglich! Es ist zwar zeitaufwendig, aber die Möglichkeiten für eine plastikfreies Leben bestehen. Jeder Schritt, mit dem du dich vom Plastik entfernst, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn du nicht zu 100 Prozent darauf verzichtest.