Sportlich, technisch und mit viel Kunststoff im Sci-Fi-Design, dazu eine Motorisierung mit einigem Wumms – so sieht Opels Vorstellung elektromobiler Zukunft ... in der Gegenwart aus.
Fahrgefühl und Lifestyle-Faktor
"Opel fahren ist wie, wenn du fliegst", haben die Fans der Marke einst getextet . Na ja, da sind dem einen oder anderen wohl die Gäule durchgegangen. Doch der Ampera kommt diesem Gefühl derzeit von allen Rüsselsheimer Modellen am nächsten; der Wagen schnurrt leise vor sich hin und der Wechsel der Antriebssysteme ist kaum vernehmbar. Obwohl kein Leichtgewicht – der Wagen wiegt respektable 1,7 Tonnen (!) – presst es den Fahrer merklich in die Sitze, wenn er das Gaspedal durchdrückt.
Wer im Ampera durch die Stadt cruist, erntet allerdings nur seltene Kennerblicke, und die auch nur von Männern. Der Rest der Welt nimmt ihn lediglich als sportlichen Opel wahr. Wer in der Damenwelt punkten will, muss entweder gezielt nach technisch versierten Öko-Aktivistinnen sondieren oder per Vorarbeit die Dame des Herzens zum Einsteigen bewegen. Das spacige Startgeräusch und das bunte Display-Bling-Bling macht möglicherweise den erforderlichen Eindruck (siehe unten). Preise ab 45.000 Euro haben das auch verdient.
Der Elektroantrieb
Der Ampera ist eigentlich gar kein reines Elektroauto, sondern streng genommen ein so genanntes "Elektro-Hybridfahrzeug". Mit Batterie fährt es gerade einmal 80 Kilometer, dann schaltet sich ein 86 PS-starker Benzin-Motor hinzu, der den Antriebs-Elektromotor (150 PS) über einen Generator mit Strom versorgt und für eine Reichweite von etwa 500 Kilometern auch ohne Stromanschluss sorgt. Hört sich kompliziert an, ist es auch, denn die Opel-Ingenieure haben ein komplexes Antriebssystem geschaffen, das sich immer an die bestehende Energie-Situation anpasst. Der Fahrer selbst bekommt davon gar nichts mit, es sei denn er weiß um das System gut Bescheid und er hört genau hin. Die Motorisierung macht Spaß, wobei 160 Stundenkilometer Spitze zwar keinen Eindruck machen, aber als Kompromiss durchgehen.
Äußeres Design

Der Ampera kommt wuchtig und kompakt daher, durch seine tief herunter gezogene Verkleidung, kleine Fenster und seine kaum unterbrochene Linienführung. Gleichzeitig beruhigen die milden Karosserie-Krümmungen das Auge und erwecken Vertrauen – das ist wohl wichtig für ein Auto der Zukunft. Mutiges Design sieht zwar anders aus – siehe den Renault Twizy –, aber dafür kommt der Ampera aus Rüsselsheim und nicht aus Paris.
Der Blick nach innen

Auch hier haben sich die Designer nicht gerade austoben dürfen. Statt der üblichen matten, weichen Kunststoff-Verkleidungen, wurde ein glänzender harter Kunststoff verbaut. Die Anzeigen werden über ein sehr funktional wirkendes Farb-Display hinter dem Lenkrad ausgegeben (nicht auszudenken, wenn das seinen Geist aufgibt). Immerhin sind zahlreiche Werte zusätzlich am Bildschirm in der Mittelkonsole zu lesen.
Zur Steuerung der Klima-Anlage und der Soundsysteme dienen druckempfindliche Sensoren, die in die ansonsten glatte Oberfläche der Konsole eingelassen sind. Das hinterlässt bei der Bedienung ein unbefriedigendes Haptik-Gefühl, oder auf deutsch: Man tut etwas, ohne das Gefühl, damit etwas bewirkt zu haben. Wirklich ungewöhnlich wirkt lediglich der etwas beiläufig plazierte "Power"-Knopf, mit dem man den Ampera startet wie einen Fernseher. Der Schlüssel dient lediglich nur noch dazu, den Wagen zu öffnen und somit fahrbereit zu machen. Ein Steckschloss gibt es daher gar nicht mehr. Sensationell hingegen das Geräusch, wenn der Wagen "hochfährt". Bzzzzh! Echtes SF-Ambiente á la Das fünfte Element.
Aufladen der Batterie

Das Aufladen der Batterie über die Steckdose (ca. 6 Stunden) ist kinderleicht. Der Knackpunkt: Wer in der Stadt wohnt, besitzt in der Regel keine Garage mit Stromanschluss. Falls sich Elektroautos durchsetzen, dürften die Stromzapfsäulen aber allerorten wie die Pilze aus dem Boden schießen und diese Problematik eliminieren.
Fazit
Die Welt sieht in Zukunftsvisionen oft deutlich stylischer aus, als die, die dann am Ende zur Gegenwart wird. Die Enttäuschung darüber bleibt nur aus, weil wir die Visionen von einst bald vergessen und sprunghafte Veränderungen vielleicht gar nicht so sehr schätzen. Deshalb sollten wir nicht enttäuscht sein, wenn der Ampera aussieht und fährt wie ein solider Opel, sondern uns genau darüber freuen. Denn das bedeutet, dass wir uns schon mitten in der Transformation zu einer hoffentlich saubereren automobilen Zukunft befinden.
Der Ampera ist also ein fahrbarer Zwischenschritt oder ein funktionstüchtiges Bindeglied zwischen Gegenwart und Zukunft. Auf kurzen Strecken funktioniert der Batterie-gespeiste, reine Elektroantrieb tadellos. Auf langen Strecken verhindert der Ottomotor das Stranden in der stromlosen Benzinwüste. Falls es Opel beziehungsweise der amerikanische Mutter General Motors eines Tages gelingt, die Batterieleistung zu erhöhen und – bitte bitte – ein echtes Innen-Design zu entwerfen, ja dann, wird der Ampera ein Auto der Zukunft. Werden.