Ein US-amerikanischer Präsident hat einmal gesagt, dass es "nichts Wichtigeres im Leben [gibt] als die Fähigkeit, effizient zu kommunizieren". Recht hat er. Für manche sind Wortgefechte wie Krieg, den sie am liebsten vermeiden. Für andere sind sie wie ein Wettkampf, auf den sich sich jederzeit freuen. Wie auch immer man zu Debatten und Streitgesprächen steht, niemand kann ihnen ewig aus dem Weg gehen. Lernen Sie endlich, wie man Debatten richtig führt: 7 Taktiken, mit denen Sie eine Diskussion für sich entscheiden.

In welchen Situationen hilft eine Diskussion?
Gelegenheiten für Diskussionen gibt es viele: Wohin in den Urlaub, mehr Gehalt, Politik, Fußball, die richtige Tageszeit für das Krafttraining. Oder: Sie wollen mehr Zeit mit den Kumpels, Ihre Freundin aber will, dass Sie Samstag mit ihr einkaufen gehen. Und Ihre Mutter fordert von Ihnen, dass Sie die Oma öfter besuchen – ob im Job, in der Partnerschaft, in der Familie: In jeder Beziehung gibt es längere Pro- und Kontra-Debatten, über jedes Thema lässt sich stundenlang diskutieren. Sie wollen aber endlich mal wieder als Sieger aus so einer Diskussion hervorgehen? Dann versuchen Sie nicht, eine Auseinandersetzung zu gewinnen, indem Sie auf Ihrer Sichtweise beharren. Ob Sie ein Streitgespräch für sich entscheiden oder eine Meinungsverschiedenheit (zu Ihren Vorteilen) befrieden wollen: Diskutieren kann man trainieren.

Wie diskutiert man richtig?
Diskussionen richtig führen ist ein Handwerk. Es besteht ganz grob aus 2 Teilen: der Prämisse, das ist oder sind Ihre Grundannahme(n). Daraus folgt dann Ihre Schlussfolgerung. Zum Beispiel: Aus Prämisse 1. "Alle Menschen sind sterblich" und Prämisse 2. "Alle Kraftsportler sind Menschen" folgt die Schlussfolgerung: "Alle Kraftsportler sind sterblich".
Sie können sich eine Debatte wie einen Gerichtsfilm vorstellen: Anwalt A vertritt eine Prämisse: Sein Mandant ist unschuldig. Jetzt muss die Beweisführung kommen, die Fakten: Der blutdurchtränkte Lederhandschuh, der neben der Leiche gefunden wurde, passt dem Mandanten nicht. Er ist zu klein. Wenn der Handschuh nicht passt, müssen die Geschworenen den Mandanten freisprechen. Schlussfolgerung: Er ist unschuldig.
Das sind die Grundvoraussetzungen für eine Debatte. Aber innerhalb dieses Rahmens gibt es natürlich viel Spielraum. Bedenken Sie zudem: Bei Diskussionen gibt es immer zwei Ebenen, die sachliche und die emotionale. Erfahrene Rhetoriker argumentieren auf der sachlichen Ebene, aber behalten die emotionale immer im Auge. Denn die Chancen stehen gut, dass mit zunehmender Dauer des Wortgefechtes sich die sachlichen Fronten verhärten. Warum? Weil eine der meistverbreiteten menschlichen Schwächen das Verlangen nach Selbstbestätigung ist. Die wenigsten Menschen haben das Selbstbewusstsein, einen Irrtum einzugestehen. Besonders heikel wird es, wenn sich Ihr Gegenüber mit seinem Standpunkt identifiziert – davon abweichen käme dann einer Selbstleugnung gleich. Wie Sie aus so einer Situation dennoch als Gewinner herauskommen? Wir zeigen Ihnen Tipps, wie Sie eine Diskussion führen, leiten, beenden und gewinnen.

7 Taktiken, mit denen Sie eine Diskussion für sich entscheiden
1. Kennen Sie Ihre Fakten
Ohne diesen Punkt wird es schwer, irgendein Gespräch für sich zu entscheiden. Fakten sind der Goldstandard einer jeden Diskussion. Nutzen Sie Nummern, Statistiken oder Beispiele aus der Wissenschaft, um Ihre Meinung zu stützen. Das wird Sie sehr viel überzeugender klingen lassen. Aber übertreiben Sie es nicht: Überrennen Sie den anderen nicht mit Zahlen, sonst schaltet er ab und hört Ihnen nicht mehr zu. Wichtig: Gönnen Sie Ihren Fakten einen großen Auftritt. Präsentieren Sie die (neuesten) wissenschaftlichen Studien mit Vorlauf, sagen Sie: "zum Beispiel oder "nehmen wir etwa Studie xyz". Das verstärkt ihr Überzeugungsvermögen.
Wenn Sie die Zahlen oder Daten einbringen, erwähnen Sie, dass auch andere Ihren Informationen zustimmen. Der Psychologe Robert Cialdini ("Die Psychologie des Überzeugens: Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen", Hogrefe AG) nennt das "sozialer Beweis". Was die anderen tun, muss richtig sein, oder? Nicht zwingend, aber so ticken wir nun einmal. Ihr Gegenüber wird sich von den Urteilen der anderen beeinflussen lassen.
2. Senken Sie Ihre Stimme
Kurz bevor Sie Ihr wichtigstes Argument anbringen sprechen Sie etwas leiser als vorher. Studien haben gezeigt, dass das die Überzeugungskraft verbessert.
3. Fragen Sie nach
Lassen Sie Ihren Gegenüber seinen Standpunkt erläutern. Versuchen Sie es mit einer offenen Frage, etwa: "Wie kommen Sie darauf, dass man im Sommer nicht Mittags, sondern am frühen Abend joggen sollten?" Oder "Warum denken sie, dass Donald Trump der absolut beste Präsident aller Zeiten ist?" Sie haben gerade keine Fakten an der Hand, um Ihren Standpunkt zu vertreten? Durch Nachfragen besteht die Möglichkeit, die Argumente Ihres Gegenübers zu zerlegen. Etwa "Was meinen Sie denn mit 'beste', wie definieren Sie das? Und "Zählen nur US-Präsidenten oder auch andere? Wieso nicht?".
Hintergrund: Nur die wenigsten brillieren bei spontanen Auseinandersetzungen mit fundiertem Wissen. Die meisten unterfüttern ihre Standpunkte mit Behauptungen – und die stehen immer auf wackeligen Beinen, das ganze Argument Ihres Kontrahenten lässt sich mit einem schlauen Satz einreißen: "Ja, weißt du, das ist vielleicht deine Meinung..."

4. Versuchen Sie einen Perspektivwechsel
Sie müssen ja nicht mit Ihrem Gegenüber übereinstimmen. Aber der strategische Vorteil ist groß, wenn Sie es schaffen, die Welt aus den Augen des anderen zu sehen. Fragen Sie nach und versuchen Sie die Leerstellen auszufüllen (Siehe Punkt 3). So bekommen Sie Zugang zum Denkmuster Ihres Gegenübers. Sie erahnen, was ihn beeinflusst, welche Werte er vertritt, wovor er Angst hat, was ihn nervt. Das alles kann Ihnen helfen, Ihre Argumentation zu gewinnen. Außerdem: Wer sich in den anderen hineinversetzen kann und das ab und an durchblitzen lässt, wirkt weltoffen, interessiert und empathisch. Das wiederum bringt Ihnen Sympathiepunkte, wenn Publikum vor Ort sein sollte.
5. Vermeiden Sie die Defensive
Wer in die Defensive gerät, der hat die Schlacht schon fast verloren. Wie vermeiden Sie so eine Situation? Versuchen Sie immer offen und interessiert für andere Perspektiven zu sein (können Sie nicht? Dann schauspielern Sie es). So vermitteln Sie den Eindruck, dass Sie willens sind, andere Positionen aufzunehmen. Das schafft beim Gegenüber Vertrauen. Dieses Gefühl wiederum lässt sich strategisch ausnutzen. Oftmals tritt der Effekt auf, dass dadurch auch der andere offen für Gegenpositionen ist. Durch dieses kleine Loch in der gegnerischen Abwehr kann sich Ihre Überzeugungsarbeit vereinfachen.
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Plus: Sie merken, dass Ihnen Fakten fehlen oder der andere überzeugender ist? Dann haben Sie immer noch einen Ausweg und können sagen: "Das ist ein wirklich interessanter Standpunkt. Wieder was dazugelernt, haben Sie vielen Dank." So erreichen Sie einen Waffenstillstand. Sie haben die Kapitulation abgewendet und Ihre Würde bleibt intakt.

6. Halten Sie Emotionen unter Kontrolle
Kaum eine Argumentation wird ohne Emotionen auskommen. Verbale und nonverbale Gefühle gehören zu jeder Kommunikation dazu. Aber bei Argumentationen spielen vor allem negative Emotionen eine Rolle. Und die sind eine Gefahr für den Ausgang der Diskussion. Sie trüben die Konzentration. Nur wer einen kühlen Kopf behält, denkt und argumentiert rational. Das ist die Voraussetzung, um die Situation richtig einzuschätzen und beides zu tun: Ihrem Kontrahenten zuzuhören und auf eventuelle Ungereimtheiten zu achten. Und gleichzeitig legen Sie sich Ihre nächste Annahme und den Beweis zurecht. Wer aus der Haut fährt, wird seinen Gegner noch stärker gegen sich aufbringen. Emotionen können eine Debatte eskalieren.
Aber: Sie können Emotionen natürlich auch als taktisches Mittel einsetzen. Erst machen Sie den anderen zornig, sodass er unvorsichtig bei der Argumentation wird. Dann: Mitten in der emotional aufgeladenen Debatte sagen Sie, dass es offenbar an der Zeit ist die Debatte wieder auf eine sachliche Ebene zu heben. Sie krönen sich damit zur Stimme der Vernunft. Das bringt Ihnen Punkte beim Publikum ein. Sie wirken professioneller und das steigert Ihre Überzeugungskraft.
7. Achten Sie auf Ihre Körpersprache
Halten Sie Augenkontakt, stehen oder sitzen Sie aufrecht, verschränken Sie nicht die Arme. Wenn Sie sitzen, legen Sie Ihre Hände auf den Oberschenkeln ab. Oder unterstreichen Sie Ihre Worte mit dezenten Handbewegungen. Niemals mit dem Finger auf etwas zeigen. Und: Spiegeln Sie Ihren gegenüber. Studien haben gezeigt, dass Ihr Kontrahent Ihnen eher glaubt, wenn Sie seine Körperhaltung annehmen. Aber machen Sie es so, dass er es nicht merkt. Sonst denkt er, Sie wollen ihn veräppeln.
Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten sind aus dem Alltag nicht wegzudenken. Sie vermitteln Standpunkte und offenbaren, woran unsere Mitmenschen glauben. Das heißt aber nicht, dass Sie mit allem, was Ihnen gesagt wird, übereinstimmen müssen. Lassen Sie sich von Ihrem Kontrahenten nicht länger an die Wand argumentieren. Mit unseren 7 Taktiken entscheiden Sie Debatten wieder für sich. Aber übertreiben Sie es jetzt nicht. Seien Sie clever, bei der Auswahl Ihrer Diskussionen.
Buchtipp: Dale Carnegie, "Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden" (Fischer, etwa 11 Euro).