Keine Angst, Bodybuilding ist kein Hirngespinst. Es ist Begeisterung, Hingabe und hartes körperliches Training. Mentale Präsenz und Disziplin sowie der unablässige Einsatz für das, was man erreichen will. All diese positiven Eigenschaften, wie sie hier zu finden sind, sind in nur wenigen Sportarten so stark ausgeprägt.
Kann man mit 40 noch Bodybuilder werden?
Wo ein Wille ist, da ist meistens auch ein Weg. Genauso wie mit 40 noch Bodybuilder zu werden. In meinen Augen sogar eine sehr gute Idee! Warum? Muskeln dienen grundsätzlich dazu, zwar keine Berge, aber unseren Körper in Bewegung zu versetzen. Das gilt von 0 bis 100 Jahren und darüber hinaus. Wenn du dich mit 40 noch gut fühlst, dann kann noch heute deine persönliche Bodybuilding-Reise beginnen. Ich, Dr. Daniel Schwarzenberger, stand im Jahr 2018 das letzte Mal auf der Bühne und habe mich mit anderen Athleten im Natural Bodybuilding duelliert. Eine außergewöhnliche Zeit! Aus der Leidenschaft zum Sport entstand die Vision. Von der Idee über die Vorbereitung, das harte Training, die Diät bis hin zum Tag der Entscheidung. Mich selbst so, am Ziel angekommen, zu erleben, bleibt für mich unvergessen.
Ist Bodybuilding im Alter gesund?
Unser Körper verändert sich im Laufe des Lebens stetig. Auf- und Abbauprozesse sind im Gange. Welche Rolle dabei das muskuläre System spielt, ist Gegenstand zahlreicher Forschungen. Gemeinsam mit den Knochen, Gelenken, Sehnen und Bändern bildet die Muskulatur den Stütz- und Bewegungsapparat. Es liegt also auf der Hand, dass der Erhalt von Muskelmasse essenziell ist. Warum nicht dann zusätzlich Muskeln aufbauen, quasi präventiv? Damit sind wir schon mitten im Bodybuilding gelandet. Unsere Muskeln produzieren hormonähnliche Botenstoffe, sogenannte Myokine und beeinflussen auf diese Weise Gehirn, Herz, Fettgewebe und das Immunsystem. Die bis heute entdeckten und erforschten Myokine, mehrere Hundert an der Zahl, machen das absolut deutlich. Zudem wirkt das Zusammenspiel von körperlichem Training, gesunder Ernährung und dem entsprechenden Mindset vorbeugend, ist ein wahrer Fitmacher und kann als Therapie bei Erkrankungen wie Übergewicht oder Diabetes Typ 2 erfolgreich eingesetzt werden.
Wie schnell baue ich mit Ü40 Muskeln auf?
Erfolgreicher Muskelaufbau ist weniger eine Frage des Alters, als vielmehr eine der persönlichen Einstellung, der Disziplin und des richtigen Trainingssystems. Körperliche Aktivität wird vor allem im Alter wichtiger denn je. Alltagsbelastungen begleiten uns ein Leben lang und hören ja nicht plötzlich auf. Und Kraft können dabei nur diejenigen entfalten, die starke beziehungsweise funktionstüchtige Muskeln haben. Auch mit Ü40 kannst du eine sehr akzeptable Rate im Muskelaufbau aufweisen. Absolute Beginner sind hier klar im Vorteil. Bei Trainingseinsteigern, vorausgesetzt alle Stellschrauben sind richtig gelegt, liegt das mögliche Wachstum bei etwa 200 Gramm pro Woche. So kann ein "Sporty over Forty" im Optimalfall in seinem ersten Jahr bis zu zehn Kilo Masse antrainieren. Im zweiten Trainingsjahr verlangsamt sich dieser rasante Aufbauprozess, da der Körper die Trainingsreize bereits kennt und somit nicht mehr in dem Ausmaß reagiert. Außerdem unterliegen wir aufgrund von Alter, Geschlecht und genetischer Individualität dennoch immer persönlichen Wachstumsgrenzen. Also: Störe stets deine Homöostase, das Gleichgewicht deiner physiologischen Körperfunktionen. So baust du kontinuierlich "starke"und somit funktionstüchtige Muskeln auf. Variiere dein Training in seiner Häufigkeit, dem Umfang, der Dauer, Dichte und der Intensität. Das gewährleistet progressives und gesundes Muskelwachstum.
Du möchtest mit über 40 auch sichtbare Muskeln aufbauen? Dann hole dir hier unseren Trainingsplan für den Muskelaufbau Ü40 in 8 Wochen.
Wie sieht das beste Bodybuilding-Training Ü40 aus?
Die Antwort fällt immer sehr individuell aus, vor allem, wenn es um die optimale Wettkampfvorbereitung geht. Hier spielen einige Variablen, wie beispielsweise Trainingserfahrung, Nährstoffverwertung und die Konstitutions-Typisierung eine entscheidende Rolle. Mein persönliches Krafttraining besteht aus einem 4er-Split:
Tag 1: Brust, optional Bauch
Tag 2: Rücken, optional Bauch
Tag 3: Schulter, optional Bauch
Tag 4: Beine und Arme, optional Bauch
Meine Trainingsintensität ist hoch bis teilweise maximal bei 5 bis 10 Wiederholungen, 4 bis 5 Trainingssätze bei etwa 3 bis 4 Übungen pro Muskelgruppe. Zusätzlich stehen 2 bis 3-mal pro Woche 30 bis 45 Minuten bei moderater Intensität Ausdauereinheiten auf dem Laufband, Fahrradergometer oder im Freien auf dem Programm.
Mein Tipp: Trainingsfreie Tage kannst du für Beweglichkeits- und Koordinationstraining nutzen. Ideen findest du hier.
Ich empfehle mindestens einen völlig trainingsfreien Tag pro Woche. Mit Ü40 braucht dein passiver Bewegungsapparat in der Regel mehr Erholungszeit. Auch dein Hormonhaushalt läuft nicht mehr ganz so rund.
Wie bereite ich mich mit Ü40 für die Bodybuilding-Bühne vor?
Ein klassischer Wettkampfathlet unterscheidet sich grundsätzlich von einem Hobby-Bodybuilder. Um das Beste aus seinem Körper herauszuholen, ist viel Disziplin, Herzblut, Schweiß und Durchhaltevermögen notwendig. In der Wettkampfvorbereitung gibt es weder Ausnahmen noch Ausreden. Um erfolgreich zu sein, muss alles perfektioniert werden. Als Wettkampfaspirant gibt es für jeden Athleten einen sogenannten Erstcheck.
Neben sämtlichen Parametern werden vorrangig das Körpergewicht, die aktuelle äußere Form, das heißt Körpermaße und -umfänge an den Oberarmen, der Brust und Taille sowie das derzeitige Ernährungsverhalten, schriftlich festgehalten. Daraufhin folgt gemeinsam mit dem Wettkampfvorbereiter die Planung für das auf den Athleten individuell zugeschnittene Training. Ich selbst bin "Men's Physique Athlet". Hier wird in der Vorbereitung im Vergleich zur offenen Klasse nicht ganz so viel Muskelmasse aufgebaut. Maßgebliche Kriterien sind "Quality shape density and aesthetics", womit Muskelreife, ganzheitliche Körperstruktur und gesamte Ästhetik (also den Proportionen, der Symmetrie und Körperhaltung) gemeint sind.

Welche Probleme treten in der Wettkampfvorbereitung auf?
Eine Frage, die man sich während der Wettkampfvorbereitung immer und wieder stellt: "Trainiere ich auch wirklich genug?" Der Körper braucht bewusste Pausen, um hochleistungsfähig zu bleiben. Nur ein klar strukturiertes Training ist der Schlüssel zum Erfolg. In 16 Wochen, die in der Regel zur Wettkampfvorbereitung benötigt werden, stehen sogenannte Formchecks auf der Tagesordnung. Zudem ist es empfehlenswert, Workshops für Line-up und auch das Einüben von Grundposen sowie die obligatorische Kür regelmäßig zu besuchen. Wichtig: Beginne frühzeitig mit dem Posing, übe so viel möglich! #Posingroutine
Ernährung und Diätphase: So solltest du in der Wettkampfvorbereitung essen
Die beiden Aspekte Ernährung und Training sind unzertrennlich voneinander zu betrachten, symbiotisch, das A und O. Auf der Bühne wird abgerechnet. Der Tag der Entscheidung. Hier siehst du, ob du dein persönliches Limit überwunden hast. Und das stete Wettkampfziel im Bodybuilding ist, den Körperfettanteil so weit wie möglich, im Bestfall bis auf etwa 6 bis 7 Prozent zu reduzieren – bei maximalem Muskelvolumen. Persönlich wähle ich meine Ernährung aus hochwertigen, möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln wie Kartoffeln, Hühnchen- und Rindfleisch, Beeren und Hülsenfrüchte sowie vor allem grünes Gemüse aus. Abhängig von der aktuellen Trainingsform passe ich in regelmäßigen Abständen meinen Ernährungsplan an. So decke ich an trainingsfreien Tagen 50 Prozent meines Energiebedarfs mit Eiweiß, 15 Prozent mit Kohlenhydraten und 35 Prozent mit Fett. An Trainingstagen tausche ich den Bedarf an Kohlenhydraten mit dem der Fettanteile, die Eiweißmenge bleibt gleich.
Das heißt, ich schwöre auf den Wechsel aus metaboler und anaboler Diät: Die metabole Diät (metabolic = Stoffwechsel) ist eine Kombination aus Low-Fat- und Low-Carb-Ernährung. Das sogenannte Carb Cycling, also die entsprechend wechselnde Kohlenhydratzufuhr, wird an den jeweiligen Energiebedarf angepasst. Der Ursprung für die anabole Diät hingegen ist die Atkins-Diät. Du ernährst dich 5 bis 6 Tage nur von Eiweißen und Fetten, am 6. und 7. Tag darfst du dann so richtig reinhauen. Und das ist weniger gefährlich, als in aller Munde behauptet wird. Im Gegenteil, eine Studie der Universität Pennsylvania bewies, dass im Vergleich zu bekannten Diäten schnelle Abnehmerfolge und ein stärkerer Anstieg des guten Cholesterinspiegels die Folge sind.
Falls du keine oder zu wenig Fortschritte erkennst, kannst du bis zu 50 Gramm Kohlenhydrate pro Tag im zweiwöchigen Rhythmus streichen. Als ergänzende Methode kann allgemein das Carb-Cycling angewendet werden. Heißt, an trainingsfreien Tagen wird dem Organismus nur die halbe Menge Kohlenhydrate zugeführt.
Trink täglich 30 Milliliter pro Kilo Körpergewicht bis ein Liter pro 20 Kilo Körpergewicht, selbstverständlich vorwiegend Wasser, am besten stilles. Vor allem während des harten körperlichen Trainings entziehst du deinem Organismus durch Schweißverlust jede Menge Flüssigkeit, die essenzielle Mineralstoffe enthält.
Welche Vorteile hat Natural Bodybuilding?
Natural Bodybuilding erlebt immer mehr Aufschwung. Nicht zuletzt hat der vorzeitige Tod einiger namhafter Profi-Bodybuilder, wie der von Shawn Rhoden und Dallas McCarver in den Jahren 2017 und 2021, womöglich begünstigt durch die Einnahme nicht erlaubter Hilfsmittel, die Szene nachhaltig erschüttert, und viele klassische Bodybuilder zum Umdenken bewegt.
Bodybuilding ist auf einem gesunden Weg und noch mit über 40 möglich. Es kommt auf das richtige Training, die passende Ernährung und das richtige Mindset an. Dazu gehört: großen Wert auf Regeneration zu legen und das Posing-Üben nicht vergessen.
Erwähnte Quellen
Gary D Foster et al. (2003) A randomized trial of a low-carbohydrate diet for obesity. The New England journal of medicine, doi 10.1056/nejmoa022207