Sport bei Migräne: So solltest du trainieren

Sport bei Migräne
Ist Training bei Kopfschmerzen tabu oder hilft es?

Zuletzt aktualisiert am 03.02.2025
Kann Sport Migräne-Symptome lindern?
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Hast du schon einmal dieses unangenehme Pulsieren im Kopf, begleitet von Übelkeit und Schwindel, erlebt? Diese Anzeichen deuten oft auf Migräne hin. Doch wer sagt, dass du deswegen auf deine Sporteinheit verzichten musst? Laut Dr. med. Helge Riepenhof, Sportmediziner am BG Klinikum in Hamburg, ist es durchaus möglich, Sport in deine Migränebehandlung zu integrieren. Er zeigt, wie Bewegung sogar dabei helfen kann, die Symptome langfristig zu lindern, ohne dass du deine gewohnte Routine aufgeben musst.

Habe ich Kopfschmerzen oder Migräne?

"Das Wort Migräne kommt aus dem Französischen und heißt übersetzt etwa 'Halber Kopf'", erklärt Riepenhof. Das heißt: Migräne ist häufig nur einseitig. Während Kopfschmerzen meist dumpf und drückend und über den ganzen Kopf verteilt sind, so wird Migräne von Patient:innen als pochend-pulsierend und lediglich einseitig beschrieben. Aber Migräne ist mehr als nur ein Kopfschmerz. Typische Begleiterscheinungen sind Geräusch- und Lichtempfindlichkeit, Übelkeit, Erbrechen und Konzentrationsstörungen. "Manche Patienten nehmen auch eine Aura wahr, also sehen sogenannte Lichtblitze vor ihren Augen", sagt Riepenhof. Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol haben gegen echte Migräne keine Chance.

"Migräne ist ein klassisches Phänomen der Industriestaaten", so Riepenhof. "Es trifft vor allem da auf, wo Menschen besonders viel Stress ausgesetzt sind", erklärt er. Wer trotz Migräne Sport treiben will, muss deshalb seinen physischen und psychischen Stresslevel im Blick behalten.

Ist Sport treiben bei Migräne gefährlich?

Wenn du trotz typischer Migränebeschwerden nicht auf Sport verzichten willst, solltest du auf moderate, intensive Sportarten setzen. Vor allem Krafttrainingseinheiten solltest du ausfallen lassen. Denn Belastungssportarten wie Krafttraining kann deine Krankheit verschlimmern.

"Beim Krafttraining steigt das Stresslevel im Körper über längere Zeit stark an", erklärt Riepenhof. Ob beim Gewichtheben oder an der Lat-Zug-Maschine: Nach intensivem Muskeltraining hält die Fettverbrennung in der Muskulatur viele Stunden lang an. Die Folgen können eine Unterzuckerung beziehungsweise ein Energiedefizit im Gehirn sein, wodurch eine Migräneattacke ausgelöst oder auch verstärkt werden kann. Wenn du partout zur Hantel greifen wollen, solltest du vorher frühzeitig für eine hohe Kohlenhydratzufuhr sorgen, um dem Energiedefizit vorzubeugen. Ideal dafür sind etwa Haferflocken oder Kartoffeln in Kombination mit Saftschorlen.

Aus demselben Grund sollte morgendlicher Sport auf nüchternen Magen vermieden werden. Denn: "Ohne Energie sollte man nicht die körperliche Belastung steigern", sagt Experte Riepenhof, "Wenn man maximal in Erschöpfung geht, verschlechtert das häufig die Migräne."

Wer dennoch ohne Frühstück sportlich startet, begünstigt die Gefahr des zu niedrigen Blutzuckers und die Entstehung der Migräne. "Patienten beschreiben immer wieder, dass in Phasen der 'Unterzuckerung' die Symptome der Migräne deutlich verstärkt sind, länger anhalten und über Stunden oder sogar Tage fixiert werden", sagt Riepenhof.

Kann Sport Migräne auslösen?

"Ja, das kann sie. Denn bei einigen Menschen schüttet der Körper bei Sport das Stresshormon Cortisol aus, anstatt es abzubauen", erklärt der Sportmediziner. "In diesem Fall muss man herausfinden, welche Sportarten der Auslöser sind und ab welcher Belastungsstärke die Beschwerden auftreten – um dann entsprechend die Sportart zu wechseln oder die Übungen reizarmer zu gestalten", erklärt Riependorf.

Wenn Sport bei dir häufiger zum Auslöser wird, probiere zum Beispiel aus, die Laufrunde aus der Stadt in den Wald zu verlegen. Dort sind weniger Menschen und weniger Autos und das ist für die Reizverarbeitung wesentlich besser. Auch ein lautes, wuseliges Fitness-Studio mit vielen Mittrainierenden und Hintergrundmusik ist für Migränepatienten nicht empfehlenswert. Du kannst zuhause mit Hanteln und dem eigenen Körpergewicht trainieren oder nicht zu den Stoßzeiten ins Studio gehen.

Worauf muss ich beim Sport bei Migräne achten?

Treibst du trotz der Migräne mit hoher Belastung Sport, hat dies zur Folge, dass es dir nur noch schlechter geht, du häufiger Migräneattacken bekommst und eine ständige Abgeschlagenheit fühlst. Also: Piano! Fang langsam an und treibe nur Sportarten, die deine Ausdauer trainieren.

Ganz wichtig: Wenn es dir so schlecht geht, dass du Schmerzmittel nehmen musst, setze besser deine Sportroutine aus. "Migräne ist normalerweise resistent gegen übliche Kopfschmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol", erklärt Riepenhof. "Und ob man spezielle Migräne-Medikamente wie Triptane einnimmt, sollte man sorgfältig überlegen", sagt Riepenhof. Denn: Triptane verengen die von der Migräne geöffneten Blutgefäße im Kopf und stoppen die Nervenaktivität. Sport solltest du daher ausfallen lassen. Eine häufige Nebenwirkung von Triptanen ist auch Schwindelgefühl. Der Schwindel tritt recht schnell nach der Einnahme auf. Zwar klingen die Symptome der Migräne dann langsam ab, dennoch ist die Kombination von Sport und Schwindel immer ungünstig, da man selbst beim Laufen oder Fahrradfahren schneller stürzt und sich schwer verletzen kann.

Generell solltest du bei akuter Migräne darauf achten, so reizarm und ruhig wie möglich Sport zu treiben. Gerade dann, wenn du besonders geräusch- und lichtempfindlich bist, solltest du ruhigere Locations bevorzugen und mehr Pausen einlegen. Tipp: Ausgiebige Dehnübungen tragen zur Entspannung bei und bauen Stress ab. Migräne wird häufig durch "Anspannung" unterstützt und verschlimmert. Dehnen wirkt dieser Verspannung entgegen und hat daher einen positiven Einfluss auf die Symptome.

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Welcher Sport kann bei Migräne hilfreich sein?

Sport kann für Migräne-Patient:innen aber auch sehr hilfreich sein. Vor allem in den schmerzfreien Phasen bewirkst du mit Bewegung, dass die nächste Attacke milder verläuft oder ganz ausbleibt. Ideal dafür sind Ausdauersportarten, etwa Joggen an der frischen Luft. Ihr Gehirn kann dabei genügend Sauerstoff aufnehmen, der auch bei normalen Druck- oder Spannungskopfschmerzen hilft. "Sport ist eine Therapie der Migräne", erklärt Riepenhof. "Durch Sport reduzieren Sie Stresshormone, sodass der Körper besser herunterfahren und entspannen kann. Treibt man regelmäßig Ausdauersport, wird zudem vermehrt Serotonin produziert und ausgeschüttet", so der Arzt. Serotonin ist ein Neurotransmitter, der die Spannung der Blutgefäße reguliert und Stresshormone hemmen kann. "Die Attacken-Häufigkeit, aber auch die Intensität der Migräne wird dadurch verbessert", so der Sportmediziner. Wichtig ist dabei, sich nicht zu überlasten, ansonsten kann eine Migräne sogar ausgelöst werden.

Sport kann noch viel mehr bei Migräne tun. Riepenhof: "Durch regelmäßigen Ausdauersport können Umweltreize besser wahrgenommen und verarbeitet werden. Reizüberflutungen, die bei Migränepatienten zu Auslösern für Attacken werden, können so besser verarbeitet werden."

Jede Form des leichten Ausdauertrainings oder auch der leichten Bewegung kann bei einer Attacke helfen. Patient:innen beschrieben immer wieder, dass ihre Strategie gegen eine Migräneattacke ein Spaziergang sei. "Wir empfehlen manchmal sogar die leichte Belastung auf einem Ergometer. Wenn die Schmerzen zu stark sind und jeder Schritt nur noch eine Qual ist, macht es natürlich keinen Sinn mehr", so Riepenhof.

Fazit: Hör auf deinen Körper – oder Kopf

Ob Migräne oder Infekt: Kopfweh signalisiert meist, dass eine Auszeit notwendig ist. Wenn du dich schwach fühlst, lichtempfindlich bist und kaum noch auf den Beinen stehen kannst, ist das Fitness-Studio definitiv nicht der richtige Ort für dich – der Platz, den du jetzt brauchst, ist dein Bett. Sollte es dir jedoch noch genug Energie geben, vermeide intensives Krafttraining. Stattdessen wäre es besser, dich für sanften Ausdauersport an der frischen Luft zu entscheiden. So kannst du deine Migränebeschwerden möglicherweise lindern und dich besser erholen.