Die besten Koordinationsübungen für jedes Training

Koordination
Wie Koordinationsübungen deine Leistung verbessern

Zuletzt aktualisiert am 29.08.2024
Deshalb solltest du Koordinationsübungen in dein Workout einbauen
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Mit dem Bike in die Trambahnschienen geraten und im letzten Moment den Lenker hochgerissen – ohne zu stürzen. Oder das Kleinkind in letzter Sekunde aufgefangen, bevor es sich beim Toben lang legt. Das sind nur ein paar Beispiele, wie dir hervorragende Koordination im Alltag zugutekommt. Im Training bietet sie zusätzlich immense Vorteile: Mehr Kraft und ein besseres Reaktionsvermögen sind nur der Anfang. Bist du neugierig geworden? Dann lies weiter und entdecke, wie du deine Koordination ganz ohne zusätzlichen Aufwand effektiv verbessern kannst.

Was ist eigentlich Koordination?

Koordination ist so etwas wie Vitamin B. Es geht nämlich um eine gute Connection zwischen dem Gehirn und der Skelettmuskulatur. Je besser diese Verbindung ausgebaut ist, desto leichter fallen dir komplexe Bewegungsmuster. "Koordination ist eine sportmotorische Fähigkeit, die du dir so vorstellen kannst: Das Gehirn funktioniert wie ein Dirigent, die Nerven wie ein Taktstock und die Muskeln bilden das Orchester", erklärt Dali Bosnjakovic, Personal Trainer aus München.

Mann klettert
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Der feine Unterschied: inter- und intramuskuläre Koordination

Dabei unterscheiden Sportwissenschaftler zwischen der inter- und intramuskulären Koordination. "Beide Formen sind wichtige Aspekte des Fitnesstrainings", so der Experte. Und beide sind dafür zuständig, dass es schnell geht, wenn es schnell gehen muss. Oder eben stark, geschmeidig und stabil, je nach Sportart. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich: Die intramuskuläre Koordination beschreibt das Zusammenspiel der Muskelfasern innerhalb eines Muskels. Je besser die im Team arbeiten, desto mehr Kraft können sie entwickeln.

Doch das reicht nicht, um eine Bewegung an den Start zu bringen. Dazu brauchst du mehrere Muskeln, die als Teamplayer funktionieren. "Mit intermuskulärer Koordination ist gemeint, wie mehrere Muskeln innerhalb eines Bewegungsablaufes zusammenarbeiten – oft geht es um den Spieler, also den Agonisten, und den Gegenspieler beziehungsweise den Antagonisten", sagt Bosnjakovic. Bizeps und Trizeps oder Oberschenkelvor- und –rückseite sind solche Duos. Stimmt deren Abstimmung – dazu müssen sie zwingend gleichstark sein – bewegst du dich ökonomischer, runder, leichter und schneller.

Damit die intermuskuläre Koordination überhaupt in die Gänge kommt, liegt es an dir, die richtigen Reize zu setzen. Wer zu viel herumsitzt, wird wohl kaum Jane vor Godzilla retten können. Aber eben auch keine 100-Kilo-Langhantel stemmen oder einen Halbmarathon beenden. Damit eine Bewegung leicht fällt, muss sie vorab oft vom Gehirn abgespeichert worden sein. Wiederholung ist in Sachen Koordination also ein wichtiger Trainingsfaktor!

So verbesserst du deine intramuskuläre Koordination

Planung ist alles, dein Training muss möglichst abwechslungsreich sein: "Wechsle regelmäßig zwischen Maximalkraft-, Hypertrophie- und Kraftausdauertraining ab", rät der Leistungssporttrainer Dali Bosnjakovic. Ersteres eignet sich besonders gut, um die intramuskuläre Koordination zu pushen, denn: Es animiert viele Muskelfasern dazu, sich anzuspannen. Diese Nummer ist nicht ganz ohne. "Führe am besten Grundübungen mit 1 bis 6 Wiederholungen aus. Die Intensität ist entsprechend hoch und sollte zwischen 75 und 100 Prozent liegen", erklärt der Experte. 4 bis 5 Sätze musst du schon durchziehen, die Pause dazwischen darf 4 bis 5 Minuten lang sein.

Achtung: Absolute Einsteiger lassen diese Trainingsform zunächst links liegen. Die Verbesserung des Kraftniveaus durch biochemische und die Nerven betreffende Prozesse sollte erst nach einem erfolgreichen Zyklus Kraftausdauer- und einem Zyklus Hypertrophietraining auf dem Plan stehen. Sprich, mindestens 4 Monate Erfahrung sollten hinter dir liegen.

Lässt sich das Koordinationsvermögen auch anderweitig beeinflussen?

Klar: zum Beispiel durch regelmäßiges Dehnen. "Wer sehr flexibel ist, kann bestimmte Übungen mit hohem Koordinationsanspruch unter Umständen besser und ökonomischer ausführen", so Bosnjakovic. Obendrein spielt deine Kindheit und Jugend eine Rolle. "Das Koordinationsvermögen wird vor allem in jungen Jahren geschult", betont der Personal-Coach. Merke dir daher auch für deine eigenen Kids: Wer von seinen Eltern früh gefordert und gefördert wird, hat eine bessere Grundvoraussetzung, bis ins hohe Alter von einer guten Koordination zu profitieren. Also ab auf den Spielplatz und weg von der Konsole!

Trainingstipps für eine bessere Koordination

Bleib flexibel: "Neben der Differenzierung zwischen inter- und intramuskulärer Koordination wird zwischen sieben koordinativen Fähigkeiten unterschieden", sagt Bosnjakovic. Sprich: Das einzig wahre Koordinations-Workout gibt es nicht. Idealerweise mixt du immer wieder neue Pläne mit folgenden Komponenten:

1. Kinästhetische Differenzierungsfähigkeit

Kinästhetik ist die Lehre der Bewegungsempfindung. Du verstehst nur Bahnhof? Denke anstatt an Gleise und Züge an Rückschlagsportarten wie Tennis. Kinästhetische Differenzierungsfähigkeit bezieht sich darauf, den Ball zu treffen und dabei den Schläger so zu halten, dass der Ball wie gewünscht zurückfliegt. Dabei spielt die Kraftdosis eine Rolle. Weiterhin trainieren Tempospiele beim Laufen oder Korbleger beim Basketball diese koordinative Fähigkeit. An- und Entspannungsübungen für einzelne oder mehrere Muskeln zählen ebenfalls dazu.

2. Räumliche Orientierungsfähigkeit

Auch deine Orientierung beeinflusst deine Koordination. Die ist nicht nur wichtig, wenn du als Feuerwehrmann in einem total verqualmten Gebäude stehst oder nach einer Wanderung dein Auto suchst. Mach Übungen doch mal mit geschlossenen Augen oder baue viele Richtungswechsel und schnelle Haken beim nächsten Run ein. Hier gilt: Je öfter du dich verrückten Herausforderungen stellst, desto besser wirst du darin, diese zu meistern.

3. Gleichgewichtsfähigkeit

Die Balance ist die wohl bekannteste Koordinationskomponente. Warst du schon mal Wakeboarden, Inlineskaten oder Slacklinen? Perfekt, dann hast du etwas für dein Balancegefühl getan. Das geht aber auch einfacher: Schließe bei einem normalen Training einfach mal kurz die Augen oder balanciere über die Fahrbahnlinie (ja, ohne Promille-Test), stillgelegte Gleisabschnitte oder die Bordsteinkante. All das lässt den Wunsch, dass einen absolut nichts umhauen kann, wahr werden.

4. Komplexe Reaktionsfähigkeit

Der nächste Teilaspekt der Koordination besteht aus deinem Reaktionsvermögen. Boxer wissen, was gemeint ist, sonst hätten sie keine Nase mehr. Auch Torhüter beim Fuß- oder Handball können ein Lied davon singen, wie wichtig diese Fähigkeit ist. Am besten trainierst du diese Komponenten mit einem Trainingspartner: Beispielsweise rennt dieser im Zick-Zack vor dir her und du musst seine linke Schulter erwischen. Oder du joggst im Kreis, drehst dich bei Ertönen einer Trillerpfeife um und fängst einen Tennisball auf. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, erinnere dich einfach mal an deinen früheren Vereins- oder Schulsport. Diese albern anmutenden Übungen hatten durchaus einen tieferen Sinn.

5. Rhythmusfähigkeit

Du musst den Rhythmus nicht zwingend im Blut haben, der lässt sich wie jeder andere koordinative Aspekt trainieren. Zum Beispiel mit Seilspringen oder dem Besuch einer (Step-)Aerobic-Stunde. Falls du denkst: "brauche ich nicht!", liegst du absolut falsch. Eine gute Rhythmusfähigkeit ist nicht nur fürs Tanzen wichtig. Auch beim Tischtennis, Skilanglauf oder Schwimmen hilft sie enorm, besser unterwegs zu sein.

6. Kopplungsfähigkeit

Damit die Arme gleichzeitig etwas anderes tun können als die Beine, brauchst du Kopplungsfähigkeit. Beim Hampelmann die Beine zur Seite zu öffnen, während die Arme Scherenbewegungen ausführen, ist ein gutes Beispiel dafür. Es gibt aber unzählige weitere anspruchsvolle Übungen für perfektes Multi-Tasking: Ausfallschritte mit Bizeps-Curls oder Rumpfrotation zum Beispiel. Funktionelles Training ist hier ideal, weil es mehrere Muskelketten und Gelenke gleichzeitig triggert.

7. Umstellungsfähigkeit

Raus aus der horizontalen Wasserlage, rein auf die senkrechte Sattelposition und weiter geht’s – beim Triathlon brauchst du neben einer blendenden Ausdauer ausreichend Umstellungsfähigkeit. Es kann definitiv nie schaden, sich schnell auf neue Situationen einstellen und reagieren zu können. Wer Kinder hat, weiß das. Und diese Fähigkeit lässt sich nicht nur im wilden Familienalltag bestens trainieren: Schon beim Wochenend-Lauf ein paar Kraftübungen einzubauen, schult diese Anpassungsform im Vorbeigehen.

Was bringt Koordinationstraining?

Ein leichteres Leben. Klingt großkotzig? Kann sein, ist aber so. "Mit etwa 25 Jahren erreichst du den Höhepunkt deiner körperlichen Leistungsfähigkeit – danach nimmt sie und damit auch das Koordinationsvermögen ab", erklärt der Gesundheitstrainer Dali Bosnjakovic. Wie schnell du den Verfall aller motorischen Fähigkeiten zu spüren bekommst, ist von individuellen Voraussetzungen abhängig. "Durch einen gesunden und aktiven, sportlichen Lebensstil lässt sich der Alterungsprozess positiv beeinflussen. Das gilt auch für die koordinativen Fähigkeiten", so Bosnjakovic. Regelmäßiges Koordinationstrainings ist also Pflicht, wenn du auch im Alter noch fit und leistungsfähig sein willst. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine wissenschaftliche Studie der Universität Hongkong, die belegt, dass Koordinationstraining auch im Alter noch etwas bewirken kann. Es ist also nie zu spät. Flink die Treppe heruntergerannt und sich geschickt in die sich gerade schließende U-Bahntür geschlängelt – wer Koordinationstraining auslässt, hat hier irgendwann schlechte Karten.

Auch auf dein Verletzungsrisiko hat Koordinationstraining Einfluß: Bei guten koordinativen Fähigkeiten bleiben Verletzungen beim Sport eher aus. Deine Motorik läuft eben rund und erinnert nicht an einen Roboter. Zudem bleibt auch der Kopf fit: "Koordinationstraining fördert nachweislich die Konzentration und die Aufmerksamkeitsleistung", sagt der Experte. Daher kann es gerade vor einer Fortbildung nicht schaden, noch einmal besonders viel Wert auf eine koordinativ anspruchsvolle Trainingseinheit zu legen.

Für diese Sportarten brauchst du besonders viel Koordinationsvermögen

Von Skifahren über Mountainbiken bis hin zu CrossFit – überall profitierst du von einem soliden Koordinationsvermögen. Selbst bei wenig bewegenden Sportarten, wie Golfspielen, hilft sie weiter. Es kann nie schaden, innerhalb eines Trainings abzuwechseln, um schon währenddessen etwas für seine Koordination zu tun.

Bestes Beispiel ist Laufen. Der Cardio-Fitnesstrainer rät, häufiger abseits des Weges unterwegs zu sein. "Trailrunning verbessert viele fundamentale koordinative Fähigkeiten und damit in der Regel auch die Lauftechnik", erklärt er. Schließlich musst du dich ständig den Gegebenheiten anpassen, was auch der Performance auf dem Asphalt zugutekommt.

Mit diesen Übungen trainierst du deine Koordination optimal

Den einzig wahren Koordinationskick gibt es nicht. Im Folgenden haben wir aber jeweils Best-of-Beispiele für die unterschiedlichen Koordinationsformen für dich ausgewählt. Wechsle so oft wie möglich ab, um ständig neue Reize zu setzen oder werde selbst kreativ!

Koordinationsübungen für die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit

  • Einarmiges Medizinballwerfen
  • Ausfallschritt mit Rumpfdrehung

Koordinationsübungen für die räumliche Orientierungsfähigkeit

  • Strecksprünge mit 180-Grad-Rotation
  • Sumo-Kniebeugen und Schritt zur Seite
  • T-Heben auf dem Bauch:
T-Heben auf dem Bauch

Koordinationsübungen für die Gleichgewichtsfähigkeit

  • Einbeinstand: gern auf einem Balance-Board oder Balance-Kissen oder aber einfach mal mit geschlossenen Augen
  • V-Sitz auf wackeligem Untergrund (zusammen gefaltete Matte, Balance-Board, etc.)
  • Liegestütze auf dem Balance-Halbball
Liegestütze auf dem Balance-Halbball

Koordinationsübungen für die komplexe Reaktionsfähigkeit

  • Seitliches Ducken auf Zuruf eines Partners
  • Boxen
  • Fitnessspiele im Team oder reaktive Übungen mit digitalen Tools wie dem Flash-Reflex Training

Koordinationsübungen für die Rhythmusfähigkeit

  • Schnelle Step-ups oder Boxjumps
  • Schnelle seitliche Wechselschritte über ein Hindernis
  • Russian Twist:
Schnelles Rumpfdrehen mit Berühren des Bodens

Koordinationsübungen für die Kopplungsfähigkeit

  • Hampelmann-Liegestütze:
Hampelmann-Liegestütze
  • Hampelmann mit seitlichem Armschwung und Beinüberkreuzen
  • Rückwärtiger Stützgang:
Rückwärtiger Stützgang
  • Diagonales Arm- und Beinheben:
Arm-Bein-Heben trainiert die Muskeln ohne Geräte
Kagon McLeod

Koordinationsübungen für die Umstellungsfähigkeit

  • Medizinballwerfen aus der Hocke
  • Medizinballwürfe über Kopf im Liegen:
Medizinballwürfe über Kopf im Liegen

Koordinationsübungen für die inter- und intramuskuläre Koordination

  • Aufstehen mit Kettlebell:
Aufstehen mit Kettlebell
  • Ausfallschritt-Wechselsprünge

So oft solltest du Koordinationsübungen einbauen

Einfach immer. "Ich empfehle 1 bis 2 Koordinationsübungen in jedes Workout zu integrieren", so der Leistungssporttrainer. Beispielsweise mit Seilspringen als Warm-up oder variierten Hampelmännern hast du bereits eine Menge getan.

Fazit: Koordinationstraining ist Pflicht für Alltag, Alter und Sport

Ein ausgeprägtes Koordinationsvermögen steigert deine Leistung und Effizienz in jeder Sportart und unterstützt dich dabei, im Alltag dynamisch und ohne Verletzungen zu agieren. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig zu trainieren – am besten schon ab dem 25. Lebensjahr. Bei der Auswahl deiner Übungen solltest du beachten, dass es sieben verschiedene Koordinationsarten gibt. Integriere sie gezielt in dein Training, um deine spezifischen Schwachstellen anzugehen.

Erwähnte Quellen:

Kwok TC, Lam KC, Wong PS, Chau WW, Yuen KS, Ting KT, Chung EW, Li JC, Ho FK. Effectiveness of coordination exercise in improving cognitive function in older adults: a prospective study. Clin Interv Aging. 2011;6:261-7. doi: 10.2147/CIA.S19883. Epub 2011 Sep 29. PMID: 22087065; PMCID: PMC3212417, zuletzt abgerufen am 29.07.2024