Autsch! Nur schnell die Kiste vom Dachboden holen – und plötzlich schießt ein stechender Schmerz in den unteren Rücken. Sofort kommt der Gedanke: Bandscheibenvorfall! Doch keine Panik – oft steckt etwas viel Harmloseres dahinter. Denn häufig ist ein kleiner, tief liegender Übeltäter schuld: der birnenförmige Muskel (Musculus piriformis). Wird er vernachlässigt, kann er verspannen und auf den Ischiasnerv drücken – das fühlt sich an, als würde der Rücken blockieren.
Genau dieser Muskel gehört zu den 7 oft übersehenen Muskelgruppen, die im Training meist zu kurz kommen. Dabei sind sie entscheidend für Stabilität, Beweglichkeit und Schmerzfreiheit. Unser Tipp: Achte darauf, bei deinem Workout wirklich alle Muskelgruppen einzubeziehen – von der Körpermitte bis in die Tiefe. Wie das gelingt und welche Muskeln du gezielt stärken solltest, erfährst du hier.
Warum werden einzelne Muskeln vernachlässigt?
Nicht jeder Muskel ist im trainierten Zustand zu sehen, sondern arbeitet im Hintergrund. Einige Kraftsportler fokussieren sich gern auf vorzeigbare Ergebnisse, arbeiten viel an Gerätestationen oder setzen auf die immer gleichen Abläufe.
So kommt es im Laufe eines Trainingslebens dazu, dass einzelne Muskeln aus Zeitspar- oder Faulheitsgründen beziehungsweise aus purem Nichtwissen weniger kräftig sind als andere. Obendrein kann es genügen, diese nicht regelmäßig genug zu dehnen. Auf diese Weise verlierst du ebenfalls an Power und kannst schmerzhaft daran erinnert werden, dass sie da sind.
Welche Muskeln werden oft zu wenig oder gar nicht trainiert?
Insgesamt stehen 7 Partien auf der Hitliste der stiefmütterlich behandelten Muskeln. Dazu zählen:
1. Die Fußmuskulatur
Obwohl du ständig darauf stehst, schenken die wenigsten Männer ihren Fußmuskeln genug Beachtung. Das kann nicht nur zu schmerzenden Füßen führen, sondern auch Probleme mit den Schienbeinen, Knien oder der Hüfte mit sich bringen. Sogar Rückenschmerzen hängen manchmal mit verspannten oder schwachen Fußmuskeln zusammen. Wir haben die besten Tipps und Übungen für dein Fußtraining zusammengestellt.
2. Der seitliche Oberschenkel
Du glaubst, diese Partie müssen nur Frauen in Form bringen, um Reiterhosen auszugleichen? So ein Unsinn (zumal keine Frau, irgendetwas "ausgleichen" muss). In einem gut funktionierenden Muskelsystem ist jeder Beteiligte wichtig. Gerade für die Beweglichkeit deines Oberschenkels ist die Gruppe der seitlichen Oberschenkelmuskulatur sehr entscheidend. Und die brauchst du häufiger, als du denkst, wie zum Beispiel beim Treppensteigen oder Fußballspielen.
3. Der birnenförmige Muskel
Das unscheinbare Früchtchen kann unfassbare Schmerzen auslösen, die sogar an einen Bandscheibenvorfall denken lassen. Dabei ist der Mini-Muskel unterhalb der Gesäßmuskulatur einfach nur extrem verspannt und drückt auf den Ischiasnerv. Dazu kann es kommen, wenn du zu viel sitzt oder einseitige Belastungen ausführst und ausgleichende Bewegungen vernachlässigst. Mediziner sprechen vom Piriformis-Syndrom, entsprechend dem lateinischen Namen.
4. Der große Lendenmuskel
Für seinen großen Job – die Wirbelsäule mit den Beinen zu verbinden – ist er muskulär gesehen allein zuständig. Umso schlimmer, dass er viel zu selten auf dem Trainingsplan steht. Der große Lendenmuskel gehört zu den inneren Hüftmuskeln und verkürzt durch ständiges Herumsitzen.
5. Der quer verlaufende Bauchmuskel
Der klassische Fall: Um ein Sixpack zu sehen, musst du die quer verlaufende Bauchmuskulatur nicht in Form bringen. Aber wenn du nicht dein ganzes Leben vor dem Spiegel stehen willst, um dein Waschbrett zu bewundern, solltest du diesen tief liegenden Bereich unbedingt angehen. Zumal er den Rumpf stabilisiert und so der Wirbelsäule Arbeit abnimmt – auch und vor allem im Stehen. Denn genau dort ist er zu finden: nahe der Wirbelsäule.
6. Der kleine Brustmuskel
Ein typischer Fall von "im Schatten des großen Bruders stehen": Das beschreibt das Dasein des Pectoralis minor relativ gut. Er liegt nämlich direkt unter dem großen Brustmuskel. Wenn du viel Zeit auf deinen 4 Buchstaben verbringst, kann es leicht zu einer Verspannung des kleinen Brustmuskels kommen.
7. Der vordere Sägemuskel
Der Musculus serratus anterior, umgangssprachlich unter dem Namen Serratus oder Sägemuskel bekannt, befindet sich seitlich am Brustkorb und erinnert an Sägezähne. Im Gegensatz zu den meisten anderen hier erwähnten Muskeln ist dieser Muskel im trainierten Zustand sehr gut zu sehen. Laut Arnold Schwarzenegger sind nur die Menschen echte Bodybuilder, deren Sägemuskel überhaupt zu sehen ist. Selbst wenn du nicht auf die Bühne willst, brauchst du diesen Muskel, und zwar in kräftig und flexibel. Schließlich willst du doch dein Schulterblatt bewegen und nicht wie ein Gorilla mit hängenden Schultern dastehen. Oder?
Warum ist es wichtig, die vernachlässigten Muskeln zu trainieren?
Generell gesehen sind an einer Bewegung immer mehrere Muskeln beteiligt. Idealerweise sind alle Mitstreiter gleich stark und darin geübt, miteinander zu agieren. Schon eine Schwachstelle in der Muskelkette kann die Leistung mindern oder zu Schmerzen führen. Im Speziellen lösen einzelne Schlaffi-Zonen spezielle Probleme aus.
Verkümmerte Fußmuskeln führen zu Schmerzen, die beispielsweise von Plantarfasziitis, also einer Entzündung der Fußsehnenplatte, stammen. Sie begünstigen obendrein Fehlstellungen, die die gesamte Körperachse beeinflussen. So können X- oder O-Beine eine Folge sein. Es lohnt sich also, immer mal wieder zwischendurch Zeit ins Fußmuskulaturtraining zu stecken.
Auch die äußere, seitliche Oberschenkelpartie hat Aufmerksamkeit verdient. Wenn die aus verspannten oder schlaffen Gründen nicht richtig arbeiten, kannst du deinen Oberschenkel im Stand nur schwer nach außen drehen, seitlich anheben oder vor- und zurückführen.
Einen vernachlässigten birnenförmigen Muskel merkst du hingegen nicht sofort. Mit der Zeit kann er jedoch zu Knie-, Rücken- oder Nackenproblemen führen. Zudem atmest du nicht mehr so tief, wie du könntest, was die Leistungsfähigkeit beim Ausdauersport herabsetzt.

Wer seinen kleinen Brustmuskel richtig trainiert, braucht keine Angst vor kribbelnden Händen zu haben
Der große Lendenmuskel hat ebenfalls Einfluss auf deine Atmung, da er über Faszien mit dem Zwerchfell verbunden ist. Je stärker und flexibler dieser Muskel ist, desto besser kann er seinem Job als Stützpfeiler der Organe im Unterbauch nachkommen. Obendrein lässt er dich gut (aufrecht) dastehen und unterstützt dabei, die Beine nach vorn zu heben.
Mehr Stabilität im Rumpf – die quer verlaufenden Bauchmuskeln tun ihr Übriges, um dich obenrum stabil zu halten. Auf diese Weise bleibt nicht die ganze Arbeit beim aufrechten Stehen und Gehen an der Wirbelsäule hängen. Ein Workout für die quer verlaufenden Bauchmuskeln ist also gleichzeitig ein Training für einen kraftvollen Rücken!
Wer hingegen seinen kleinen Brustmuskel nicht ausreichend trainiert und vor Verspannungen schützt, muss im schlimmsten Fall mit Taubheit in den Armen rechnen, die bis in die Finger reichen kann. Aber schon ein Kribbeln ist unangenehm und mit richtigem Training vermeidbar. Genau wie das zu weit nach oben Rutschen des Schultergürtels, welches der kleine Brustmuskel in seiner vollen Stärke zu verhindern weiß.
Dein Sägemuskel hilft dir, das Schulterblatt richtig zu bewegen und deine Arme in allen erdenklichen Richtungen zu benutzen. Das klappt natürlich umso besser, je kräftiger der Muskel ist. Bei Verspannungen können sich Schmerzen in den Rippen, am Schulterblatt oder an den Innenseiten der Arme (Stichwort: Golferellenbogen) breitmachen.
Welche Übungen eignen sich am besten, um die vernachlässigten Muskeln auszugleichen?

1. Ballengehen mit Kurzhanteln
für starke Fußmuskeln
- Halte ein Paar Kurzhanteln im Hammergriff mit gestreckten Armen neben dem Körper.
- Heb die Fersen vom Boden und setze den linken Fuß nach vorn.
- Mach ein paar Schritte nach vorn und heb abwechselnd die Fersen.

2. Beinabduktion mit kurzen Tubes in Seitlage
für kräftige Oberschenkel-Außenseiten
- Lege dich auf die linke Seite. Strecke den linken Arm und lege den Kopf darauf ab. Stütze dich mit der rechten Hand vor der Brust ab.
- Stecke die Füße etwa hüftbreit in je eine Öffnung des achtförmigen Tubes und halte das Tube leicht unter Spannung.
- Spreize das rechte Bein so weit wie möglich nach oben und halte die Spannung für kurze Zeit. Wechsle im nächsten Satz die Seiten.

3. Gesäßdehnen im Liegen mit angewinkeltem Bein über Kreuz
hält den birnenförmigen Muskel flexibel
- Leg dich hin und strecke die Arme seitlich aus. Heb das linke Bein senkrecht an und beuge das Knie rechtwinklig.
- Senke langsam das linke Bein über das rechte, bis der linke Fuß auf dem Boden liegt.
- Fahre gleich im Anschluss mit dem rechten Bein fort und wiederhole es dann wie in einer Kraftübung weiter wechselseitig.

4. Beckenheben mit Gewicht auf dem Bauch
stärkt den großen Lendenmuskel
- Lege dich auf den Rücken. Positioniere eine Hantelscheibe auf dem Bauch und halte sie mit den Händen fest.
- Drücke das Becken hoch, sodass der Körper eine schräg abfallende gerade Linie bildet.
- Kurz halten und zurück und die Ausgangsposition.

5. Beinheben im Hang mit seitlichem Beinschwingen
fordert die quer verlaufende Bauchmuskulatur heraus
- Fass einen stabilen Ast o. Ä. im Obergriff, unter dem ein Gegenstand wie etwa ein Fahrrad Platz findet.
- Beuge die Arme rechtwinklig und halte die Beine schräg rechts neben dem Hindernis.
- Beweg die gestreckten Beine in großem Bogen über das Hindernis nach links. Halt kurz und schwinge auf gleichem Weg zurück. Fahre wechselseitig fort.

Bankdrücken mit Langhantel
animiert den kleinen und großen Brustmuskel, was deren Teamwork optimiert
- Leg dich rücklings auf eine Hantelbank und stelle die Füße flach auf den Boden. Halt eine Langhantel im schulterbreiten Obergriff. Streck die Arme gerade nach oben.
- Senke die Hantelstange langsam nach unten, bis sie fast den Brustkorb berührt. Halt dort und drück die Stange dann wieder in die Startposition.

6. Überzüge mit Kurzhantel auf der Hantelbank
legen den Sägemuskel frei
- Lege dich nur mit dem oberen Rücken auf die Längsseite einer Trainingsbank. Stelle die Füße schulterbreit auf und drücke die Hüfte hoch, bis Becken und Oberkörper eine Linie bilden. Halte eine Kurzhantel an einer Gewichtsseite mit beiden Händen vor der Brust (vorher die Hantelverriegelung überprüfen!) und senke sie dann mit gestreckten Armen hinter dem Kopf ab, so dass sich auch die Arme in einer Linie mit dem Rumpf befinden.
- Führe das Gewicht mit gestreckten Armen über den Kopf nach oben, bis die Arme senkrecht stehen.
Wie integriere ich diese Übungen sinnvoll in mein Training?
Am besten fügst du einfach 1 bis 2 Übungen deinem bestehenden Workout hinzu. Über die Woche verteilt solltest du jede Übung mindestens 1-mal umgesetzt haben. Zudem kannst du die Dehnung des birnenförmigen Muskels immer wieder zwischendurch ausführen. Auch das Ballengehen lässt sich locker in den Alltag integrieren – mit Einkaufs- oder Aktentaschen.
Unterschätzte Muskeln im Alltag aktivieren
Du brauchst nicht immer Hanteln oder Geräte, um tief liegende Muskeln zu stärken – oft reicht der Alltag völlig aus. Schon kleine, bewusste Bewegungen können den Unterschied machen:
- Halte öfter kurz inne und richte dich auf. Eine aufrechte Haltung aktiviert automatisch Rückenstrecker, Rumpf und Gesäßmuskulatur.
- Steh regelmäßig auf. Wer lange sitzt, sollte jede Stunde für ein paar Minuten aufstehen und Schultern sowie Hüfte mobilisieren.
- Nutze Alltagsbewegungen als Mini-Workout. Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen trainiert die Tiefenmuskulatur, beim Tragen von Einkaufstaschen die Rumpfstabilität.
- Atme bewusst. Tiefe Bauchatmung aktiviert den Beckenboden und verbessert die Körperwahrnehmung.
Diese kleinen Gewohnheiten summieren sich – und helfen dir, unterschätzte Muskelgruppen dauerhaft zu stärken, ohne extra Trainingszeit einplanen zu müssen.
FAQ: Häufige Fragen zu tieferliegenden Muskeln
Weil sie Stabilität schaffen. Sie halten Gelenke in Position, entlasten die Wirbelsäule und sorgen dafür, dass Bewegungen kontrolliert und kraftvoll ausgeführt werden können. Ohne sie wäre selbst ein simples Aufstehen oder Bücken eine Herausforderung.
Typische Anzeichen sind Rückenschmerzen, Haltungsprobleme, instabile Gelenke oder schnelle Ermüdung beim Training. Auch häufiges „Wegrutschen“ aus der Körperspannung kann ein Signal sein, dass deine Tiefenmuskulatur Unterstützung braucht.
Ideal sind funktionelle Ganzkörperübungen mit Eigengewicht, die Gleichgewicht und Kontrolle fordern – etwa Planks, Bird Dogs, Brücken oder Übungen auf instabilen Unterlagen wie Balance Pads. Auch Pilates, Yoga und Mobility-Training trainieren diese Muskeln besonders effektiv.












