So verbesserst Kraftsport deine Ausdauer

Ausdauer- und Krafttraining
So verbesserst du mit Kraftsport deine Ausdauer

Zuletzt aktualisiert am 08.12.2022
Mann trainiert mit einer Kettlebell
Foto: Shutterstock

Du bist passionierter Läufer und dachtest immer, Kraftsport würde dich von deinen Zielen abbringen, anstatt dich zu fördern? Falsch gedacht! Muskeltraining mit Gewichten hilft dir sogar in vielerlei Hinsicht. Im Interview erklärt Personal Trainer Sascha Wingenfeld, wie du mithilfe von Krafttraining deine Ausdauer an ganz neue Grenzen bringst.

Wer braucht eine gute Ausdauer?

Ausdauer zählt neben Koordination, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Kraft zu den motorischen Grundfähigkeiten des Körpers – und steht für die Grundlage, eine Leistung lange ohne Ermüdung zu erbringen. Im Ausdauersport unterscheidet man aerobe und anaerobe Ausdauerfähigkeit. Aerob heißt, dass der Großteil der Energie für die Aktivität aus dem Fettstoffwechsel gezogen wird. Anaerob meint, dass unsere Arbeitsleistung in stärkerem Maße über die Kohlenhydrat- und Zuckerverbrennung gespeist wird. Im Grunde braucht jeder eine gute Ausdauer – auch Fitness-Sportler wie Crossfitter und Bodyweight-Fans.

Wie kann Kraftsport die Ausdauer fördern?

Wissenschaftliche Studien, wie die von Kris Beattie, Ian C. Kenny, Mark Lyons und Brian P. Carson, kommen zu dem Schluss, dass Krafttraining definitiv in das Programm eines jeden Ausdauersportlers gehört: Es trägt dazu bei, dass Sportler ihre Ökonomie, ihre Muskelkraft und damit ihre Leistung maßgeblich verbessern. Es kommt hier aber auf die richtige Belastung und das Timing an.

Indem du deine Krafteinheit in Form eines gut getimten Athletiktrainings – Stichwort: Intervalle – durchführst, vermittelst du deinem Körper neue Belastungsreize zur Entwicklung der Kraft, verlangst ihm jedoch auch erhöhte Herzfrequenzbereiche ab und steigerst so gleichzeitig deine Ausdauer. So kannst du mit High-Intensity-Intervalltraining (HIIT) deine Ausdauer und Fettverbrennung besonders effizient pushen.

Können Kraftsportler auch gute Ausdauersportler sein?

Das überrascht dich? Vermutlich, weil du dir nicht vorstellen kannst, dass große Muskelpakete förderlich in Ausdauersportarten sind. Das sind sie auch nicht. Der Grund ist simpel: Die Muskeln müssen während des Sports vom Körper versorgt werden, das kostet Energie. Je größer der Muskel, desto mehr Energie geht auch für dessen Versorgung drauf. Außerdem bringen Muskelpakete mehr Gewicht auf die Waage und machen dich langsamer. Dicke Muckis sind vermutlich aber auch nicht dein Ziel, oder?

Den meisten Hobbysportlern geht es vielmehr um eine gute Körperhaltung, eine schöne, gesunde Figur oder die Entwicklung funktioneller, sportartspezifischer Kraft – und darum, dem Körper so eine leistungsfähigere Ausgangsbasis für die jeweilige Ausdauersportart zu verschaffen.

Wie profitieren Ausdauersportler, wenn sie an Kraft zulegen?

Ob beim Schwimmen, Radfahren oder Laufen, die Leistung resultiert aus einer guten Muskelvernetzung zwischen den oberen und den unteren Extremitäten. Zusätzlich benötigt der Körper eine gut ausgebildete Arbeitsmuskulatur für seine Ausdauersportart. Durch reines Ausdauertraining trainierst du zwar das Herz-Kreislauf-System, forderst jedoch nicht den gesamten Körper in vollem Maße.

Das Motto vieler Profi-Sportler lautet schließlich nicht umsonst: Trainiere zunächst den Muskel und danach seine spezifische Versorgung. Gerade Läufer und Fahrradfahrer vernachlässigen oft ihren Oberkörper und den Core, der für Stabilität sorgt und Rückenschmerzen durch einseitigen Belastungen im Job, etwa am Schreibtisch, ausgleicht. Ein gutes muskuläres Zusammenspiel und Körpergefühl hält dich in jeder Sportart und im Alltag geschmeidig, agil und schmerzfrei. Einseitiges Training hingegen fördert Dysbalancen, Spannungen und Verschleiß.

Setze auf Kraftausdauer- und Intervalltraining

Trainierst du also nicht mit Maximalgewicht oder im klassischen Hypertrophie-Bereich für Muskelaufbau, sondern bewegst dich im Kraftausdauerbereich mit Gewichten, die du mit einer höheren Wiederholungsrate von 15 bis 25 pro Satz stemmen kannst, dann brauchst du auch keine Muskelberge befürchten, sondern wirst auf der Lauf- oder Radstrecke oder im Mannschaftssport schneller und ausdauernder.

Zusätzlich bietet sich auch hochintensives Intervalltraining an, sofern du grundsätzlich fit bist und keine gesundheitlichen Probleme hast: Wie eine 2012 im "Journal of Strength and Conditioning Research" veröffentlichte Studie zeigt, konnten Probanden mit nur sechs hochintensiven Intervalltrainings (kurz HIIT) ihren VO2max-Wert, der als Gradmesser die maximale Sauerstoffaufnahme der Muskeln bei maximaler Leistung einordnet, deutlich steigern. Je mehr Sauerstoff im Blut transportiert werden kann, umso höher ist die Leistungsfähigkeit über einen längeren Trainingszeitraum.

Im Gegensatz zu moderatem Ausdauertraining macht dich HIIT nämlich nicht nur fitter, sondern zugleich schneller. Deswegen gehört zu einem Marathontrainingsplan immer auch Intervall-Lauftraining in Form von kurzen Sprints. Hochintensives Intervalltraining fördert nämlich nicht nur deine Ausdauerleistung, sondern auch deine Schnellkraft, die gern auch in Bootcamp- oder Gym-Kursen in Gruppen-Workouts trainiert wird. Hier kommen dann explosive Sprünge auf eine Box oder in Form von Burpees zum Tragen. Wenn du dich also alleine nicht zu mehr Tempo aufraffen kannst, lass dich in der Gruppe mitreißen! Du wirst staunen, wie gut du binnen weniger Wochen deine Ausdauer- und Schnellkraft steigen kannst!

Die besten 7 Übungen für mehr Kraftausdauer

Du weißt jetzt, dass du um Muskeltraining keinen Bogen machen solltest, selbst als Ausdauersportler nicht. Aber du musst dich auch nicht gleich zusätzlich zu deinem Lieblingssport im Gym anmelden. Für unsere Top 7 Kraftübungen brauchst du kein bis wenig Equipment. Die folgenden Übungen bringen dein Herz-Kreislauf-System in Schwung, weil besonders viele Muskelgruppen gleichzeitig zum Einsatz kommen und dein Körper dabei ganz schön ins Schwitzen gerät. Probier es direkt aus! Fortgeschrittene dürfen sich auch gern ein paar mehr Wiederholungen und höheres Tempo vornehmen:

1. Burpees

Den Klassiker für mehr Kraftausdauer kannst du quasi als Warm-up oder Finisher in deinen Workouts einplanen und jederzeit auf die supereffektive Ganzkörperübung zurückgreifen, wenn du keinen Zugriff auf Trainingsequipment hast:

2. Push-ups

Wie viele Liegestütze schaffst du? Bleib dran, so knackst du schon bald die 100 Push-ups! Nimmst du die Herausforderung an? Die starke Rumpf-Übung verpasst dir nicht nur einen starken Panzer, sondern auch viel Puste:

3. Ausfallschritte

Lunges lassen sich in allen erdenklichen Variationen (vorwärts, rückwärts, durch den Raum bewegend, gesprungen, ein Bein erhöht) ins Training einbinden und sorgen mit und ohne Gewicht oder Hilfsmittel wie Schlingentrainer oder Medizinball immer wieder für Abwechslung und neue Reize:

4. Thrusters

Die schweißtreibende Kombi aus Kniebeuge und Schulterdrücken fordert nicht nur Beine, Gesäß und Schultern heraus, sondern auch deine Körpermitte, die für die nötige Stabilität und explosive Kraft nach oben sorgt. Du kannst dafür nutzen, was da ist: Kurzhanteln, Langhantel, Kettlebell oder einen Medizinball:

5. Bulgarian Split Squats

Eine Übung, die den gesamten Unterkörper stärkt. Bulgarian Split Squats trainieren neben deinen Oberschenkeln und deinem Po auch deine Koordinationsfähigkeit und Balance.

6. Kettlebell Swing

Bring Schwung ins Workout: Mit der Kettlebell stärkst du deine gesamte Rückseite und die Schultern und bringst deinen Puls auf Touren:

7. Kreuzheben

Deadlifts fordern nicht nur deine gesamte hintere Muskelkette heraus, sondern auch deine Core-Muskulatur, die die Kraft überträgt und deine Unterarme, welche die Stange oder Gewichte halten. Ab 12 Wiederholungen aufwärts kommst du spätestens auch gut aus der Puste:

Fazit: Kraftsport gehört zu jeder Trainingsroutine

Ein Ausdauersportler benötigt immer auch eine gute Kraftausdauer. Diese wird beim Kraftsport generell mit vielen Wiederholungen und geringem Gewicht trainiert. Wenn du dein Kraft-Workout beispielsweise als Intervalltraining durchführst, verlangst du deinem Körper auch erhöhte Herzfrequenzbereiche ab und steigerst so deine Ausdauerleistung. Obendrein stärkst du das Zusammenspiel deiner Muskeln, verhinderst Dysbalancen und steigerst deine Kraftübertragung!

Quellen:

Astorino, Todd A.; Allen, Ryan P.; Roberson, Daniel W.; Jurancich, Matt: Effect of High-Intensity Interval Training on Cardiovascular Function, V̇o2max, and Muscular Force. Journal of Strength and Conditioning Research: January 2012, 26 (1), 138-145, zuletzt abgerufen am 22.11.2022.

Beattie, Kris; Kenny, Ian C.; Lyons, Mark; Carson, Brian P.: The effect of strength training on performance in endurance athletes, Sports Med 2014 Jun; 44(6): 845-65, zuletzt abgerufen am 22.11.2022